Statement

CO2-Bepreisung trotz(t) Corona

„Die entschlossene politische Reaktion auf die Coronakrise, resultiert aktuell bei einigen Interessenvertretungen in der Forderung, mit ebenso drastischen Maßnahmen dem Klimawandel entgegenzutreten. Dabei sind es gerade die Unterschiede zwischen beiden Krisen, die ins Auge fallen. So dient die rigorose Reduktion des öffentlichen Lebens dazu, Zeit zu gewinnen, um mehr über das Virus zu lernen, die Datenbasis zur Beurteilung der Krise zu verbessern und so Kosten und Nutzen unterschiedlicher Reaktionsstrategien abzuwägen. Ein wesentlicher Faktor für die Auswahl der Strategie ist, wann Medikamente zur Abschwächung beziehungsweise sichere Impfstoffe zu Verhinderung der Infektion vorhanden sind. Beim anthropogenen Klimawandel sind Ursache und Wirkung hinreichend bekannt und mögliche „Impfstoffe“ in Form von solarem Climate Engineering mit zahlreichen Nebenwirkungen verbunden. Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, bedarf es keiner kurzfristigen Unterdrückung der wirtschaftlichen Aktivität sondern eines langfristigen strukturellen Wandels zu einer mittelfristig CO2-neutralen und dann netto negativen CO2-Wirtschaft.

Zentral ist dafür eine umfassende Bepreisung von Treibhausemissionen. Und gerade in der akuten Krise zeigen sich die Vorteile des Emissionshandels. Dieser gewährleistet nicht nur die Erreichung der Emissionsziele, sondern wirkt durch die endogene Reaktion der Zertifikatpreise antizyklisch zur Konjunktur. So hat der Preis für CO2-Zertifikate im europäischen Emissionshandel seit Ausbruch der Coronakrise kurzfristig um etwa 33 Prozent nachgegeben. Aber weder ist der Preis der Zertifikate auf Null gefallen, noch ist damit zu rechnen, dass er auf dem derzeitig niedrigeren Niveau bleibt, wenn die Wirtschaft und damit die CO2-Emissionen wieder hochfahren, was sich am aktuellen Rand bereits abzeichnet. Entsprechend muss neben der bereits existierenden europäischen CO2-Bepreisung unbedingt am Zeitplan der nationalen CO2-Bepreisung festgehalten werden, damit technologieneutrale Anreize für CO2-arme Kauf- und Produktionsentscheidungen gegeben sind und so langfristig, nachhaltig und entschlossen der Klimakrise begegnet werden kann.“

(Eine längere und leicht geänderte Version dieses Statements erschien am 15.04.2020 als gemeinsamer Standpunkt von Wilfried Rickels und Sonja Peterson unter dem Titel Krise ist nicht gleich Krise: CO2-Bepreisung trotz(t) Corona bei Tagesspiegel Background.)