Statement

Nordirland-Einigung: Möglicher Auftakt für weitere Annäherung von EU und Großbritannien

"Aus Sicht der EU ist einer der wichtigsten Aspekte dieser Vereinbarung, dass es wieder einen sachorientierten und intensiven Dialog mit Großbritannien über Handelsfragen gegeben hat. Es wäre für beide Seite schädlich, wenn nach dem Brexit eine pragmatische Annäherung unmöglich bliebe. Großbritannien hat ökonomisch deutlich mehr zu verlieren, aber auch die EU sollte die Briten nicht als wichtigen Partner abschreiben. Die Einigung ist hoffentlich ein Indikator, dass weiter über eine Annäherung gesprochen werden kann.

Obwohl noch nicht alle Details des Deals bekannt sind, sind zwei Punkte klar: In Zukunft wird beim Güterhandel unterschieden, ob ein Produkt aus Großbritannien in Nordirland verbleibt oder weiter in die Republik Irland geht – eine „green lane“ und eine „red lane“. Nur bei letzteren werden Zollkontrollen notwendig. Das ist ein Zugeständnis der britischen Regierung, da für die technische Umsetzung Informationen in IT-Systemen der Briten mit der EU geteilt werden müssen. Das gefällt nicht jedem Brexiteer. Auf der anderen Seite scheint die EU damit einverstanden zu sein, dass die Regierung in Nordirland ein Mitsprache- und Vetorecht hat, wenn neue Standards im Güterhandel von der EU eingeführt werden. Damit kann Nordirland entscheiden, ob diese auch in Nordirland gelten. Das war ein wichtiger Punkt der Brexiteers. Dabei ist jedoch wichtig, dass dieses Vetorecht bei der nordirischen Regierung liegt – die, nach dem Karfreitagsabkommen, gemeinsam von pro-britischen Unionisten und pro-irischen Nationalisten besetzt sein muss.

Anders als die Brexit-Hardliner hat Premier Sunak offenbar erkannt, dass Barrieren zum wichtigsten Handelspartner EU die britische Wirtschaft zusätzlich zu den internen Problemen belasten. Wenn auf britischer Seite ökonomischer Pragmatismus einkehrt statt politischer Scharfmacherei, sollte die EU sich Kompromissen nicht verschließen. Voraussetzung ist, dass auch die Hardliner unter den Brexit-Freunden in London und die pro-britischen Unionisten in Nordirland einsehen, dass ein ökonomisch gangbarer Weg politischen Machtspielen vorzuziehen ist."