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Argentinien – neunter Staatsbankrott steht bevor

Argentinian flag

Der argentinischen Regierung unter Präsident Mauricio Macri ist es seit 2015 nicht gelungen, die geerbten wirtschaftlichen Probleme eines hohen Staatsdefizites, einer hohen Inflation und eines hohen Abwertungsdrucks auf die argentinische Währung zu lösen. Im Gegenteil führte sie ihrerseits eine Politik exzessiver Verschuldung fort.

Insgesamt hat Argentinien in nur vier Jahren Fremdwährungs-Kredite in Höhe von 81,6 Mrd. US-Dollar aufgenommen. „Dies ist eine enorme Summe und stellt eine erhebliche Belastung für ein Schwellenland mit einem BIP von etwas über 500 Mrd. US-Dollar dar“, sagte Christoph Trebesch, Forschungsbereichsleiter am Institut für Weltwirtschaft Kiel, und Mitautor einer heute vorgestellten Analyse zur finanziellen Situation des Landes (Kiel Policy Brief „Und wieder Argentinien – Warum das Land vor dem neunten Staatsbankrott steht").

Die Verzinsung der neuen Anleihen ist mit durchschnittlich 7 Prozent sehr hoch, und die Laufzeiten sind mit vornehmlich über 10 Jahren lang, auch eine Anleihe mit nie dagewesenen 100 Jahren Laufzeit konnte 2017 platziert werden. Die Schuldenlast des Staates wird in den nächsten Jahren daher deutlich ansteigen.

Alleine der Schuldendienst in Fremdwährung wird bis 2024 bei durchschnittlich 25–45 Mrd. US-Dollar jährlich liegen, also bei deutlich über 5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Nach den Berechnungen der Autoren erreichen die Zahlungen im Jahr 2022 mit 45 Mrd. US-Dollar ihren Höhepunkt. Dies entspricht 10 Prozent des BIP von 2019 (BIP-Schätzung des IWF).

Die Staatsschuldenquote in Prozent des BIP stieg von etwas über 40 Prozent Anfang 2015 auf 81 Prozent im August 2019, bedingt auch durch die starke Abwertung des Peso. Er schnellte von 20 Peso pro US-Dollar im Februar 2018 auf fast 60 Peso pro US-Dollar im August 2019 hoch. Die Regierung muss dadurch heute viermal höhere Steuereinnahmen generieren als noch 2015, um den gleichen Betrag in US-Dollar zurückzuzahlen. Im August kündigte Argentinien eine Restrukturierung aller Staatsschulden an, daraufhin stuften verschiedene Ratingagenturen das Land auf „Zahlungsausfall“ herab, und die Zinsen auf Staatsanleihen stiegen auf fast 30 Prozent.

„Angesichts der schweren Finanzkrise, in der Argentinien sich nun befindet, ist die Schuldenlast nicht mehr tragfähig. Die angekündigte Restrukturierung ist ungenügend. Die empirische Forschung zeigt, dass eine reine Streckung der Fälligkeiten nicht ausreicht, um ein überschuldetes Land wie derzeit Argentinien zurück in die Solvenz zu führen. Ein hoher Schuldenschnitt ist unumgänglich“, sagte Trebesch.

Kritik üben Trebesch und Co-Autorin Angelica Dominguez-Cardoza am Rettungsprogramm des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Argentinien im Jahr 2018 mehr als 57 Mrd. US-Dollar an Hilfskrediten gewährte. Damit macht das Rettungspaket an Argentinien fast die Hälfte aller ausstehenden Kredite des IWF aus.

„Der IWF setzt einen riskanten Trend der letzten Jahrzehnte fort, große Rettungspakete auch an hochverschuldete Länder zu gewähren, obwohl diese nicht systemrelevant sind. Bisher wurden die IWF-Kredite an Argentinien vor allem genutzt, um private Gläubiger fristgerecht zu bedienen. Dies hätte verhindert werden können, wenn schon früher eine Restrukturierung der Schulden organisiert worden wäre“, sagte Trebesch.

„Angesichts der Größe des IWF-Programms ist sogar das Undenkbare denkbar: Argentinien könnte sich weigern, den IWF-Kredit wie vereinbart zurückzuzahlen. Käme es unter einer neuen, peronistischen Regierung zu einem Zahlungsausfall auf IWF-Kredite, wäre dies dauerhaft schädlich für die Reputation Argentiniens und die des IWF.“