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Brexit: Rückgang von Investitionen und BIP

Die Zuwachsrate des britischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) würde nach aktuellen Schätzungen im Falle eines Brexits  um etwa 1 Prozent im Jahr 2017 und knapp 2,5 Prozent im Jahr 2018 zurückgehen. Langfristig fiele das BIP um 5 bis 8 Prozent geringer aus als im Basisszenario, das den Verbleib in der EU abbildet. Die Investitionen würden sogar um bis zu 17 Prozent fallen.  Dies schreiben die Konjunkturforscher des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in einer Analyse anlässlich der morgen erscheinenden Konjunkturprognose. „Im Moment gibt es keine klaren Mehrheiten für oder gegen den Brexit, so dass schon ein lapidares Ereignis kurz vor der Abstimmung den Ausschlag geben kann, etwa ein gelungener oder misslungener Auftritt bei einer Fernsehdebatte oder gar das Abschneiden der englischen Nationalmannschaft bei der Fußballeuropameisterschaft“, sagte Stefan Kooths, Leiter des Prognosezentrums.

Langfristig geringeres Wachstum

Das Verlassen des gemeinsamen Marktes würde den Außenhandel reduzieren, sinkende Direktinvestitionen und ein Abwandern der Finanzindustrie nach Paris oder Frankfurt hätten einen erheblichen Rückgang der Kapitalzuflüsse ins Vereinigte Königreich zur Folge, so die Forscher. Dies würde die Finanzierung des Leistungsbilanzdefizits erschweren und den Wechselkurs des Pfund Sterling unter Druck setzen. Dadurch würden sich die Importe verteuern und die Realeinkommen gemindert. Als Folge sinkt der private Konsum.

Langfristig leide in Großbritannien das Produktivitätswachstum und die Wettbewerbsfähigkeit. Eine von den Brexit-Befürwortern versprochene Begrenzung der Zuwanderung von Arbeitsmigranten aus der EU, insbesondere aus Osteuropa, würde das Wachstum ebenfalls bremsen.

Positive Effekte fraglich

Die fiskalische Entlastung durch Fortfall der Beiträge zur EU würde sich laut Analyse mittelfristig im Höchstfall auf 0,3 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt belaufen. „Die rechnerischen fiskalischen Erträge eines EU-Austritts würden voraussichtlich bei weitem durch die Budgetbelastung übertroffen, die sich durch die zu erwartende Dämpfung der wirtschaftlichen Aktivität ergeben würde“, so Kooths. Auch mögliche positive Wirkungen durch den Abbau einer als überzogen gesehenen Regulierung  durch die EU erscheinen für die Forscher begrenzt. In vielen Bereichen sei die nationale Regulierung der Märkte im internationalen Vergleich bereits niedrig, die Hemmnisse für eine Deregulierung an anderer Stelle seien eher im Inland als in Brüssel zu suchen. 

Folgen für Deutschland und die EU

Durch einen Anstieg der Unsicherheit und eine niedrigere Nachfrage aus dem Vereinigten Königreich könnte das deutsche BIP im Falle eines Brexits in den kommenden beiden Jahren um etwa ein Prozent gemindert werden, gleiches gilt für die EU als Ganzes. „Die größte Gefahr für Deutschland und die EU besteht aber sicherlich in einem Übergreifen von Austrittsüberlegungen auf andere EU-Länder. Sollte das Auseinanderbrechen der Union zu einer realistischen Möglichkeit werden,  stellt dies ein erhebliches zusätzliches Abwärtsrisiko für die wirtschaftliche Entwicklung der EU in den kommenden Jahren dar“, so Kooths.

Die Analyse ist Teil der Konjunkturprognose, die morgen, 16.06.2016, 11 Uhr, erscheint. Zur Analyse