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Tourismus: Schleswig-Holstein kam von allen Bundesländern am besten durch die Corona-Pandemie
„Der hohe Anteil an Selbstversorgungsunterkünften sowie die Politik der Landesregierung, soweit es der Infektionsschutz zuließ Freiräume zu gewähren, bewahrte den Tourismus vor noch größeren Verlusten während der Pandemie. Das Ende der Corona-Maßnahmen im Jahr 2022 mündete dann in einen Übernachtungszuwachs im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 – die Erholung von der Pandemie und die Rückkehr zur Normalität im Tourismus ist damit insgesamt gelungen“, sagt Klaus Schrader, Experte für regionale Wirtschaftsstrukturen am IfW Kiel und Autor einer heute erschienenen Analyse (Kiel Policy Brief: „Schleswig-Holsteins Tourismus nach Corona: Zurück zur Normalität?“)
Im Vergleich zum Vor-Corona-Niveau 2019 sind die schleswig-holsteinischen Übernachtungszahlen demnach im Jahr 2022 um 4,2 Prozent oder 1,5 Millionen Übernachtungen gestiegen. Insgesamt zählte das Land damit rund 38 Millionen Übernachtungen.
Am höchsten sind die Verluste noch mit über 20 Prozent in Berlin (gesamt rund 26,5 Millionen Übernachtungen). Bayern – mit gut 90 Millionen Übernachtungen das mit Abstand meistbesuchte Bundesland – liegt noch mit fast 9 Prozent im Minus.
Die vollständige Erholung von der Pandemie ist in Schleswig-Holstein aber nicht allen Reisegebieten und Beherbergungsformen gelungen. Ein Übernachtungsplus wurde nur bei Unterkünften mit Selbstversorgung – Ferienwohnungen und Campingplätzen – erzielt. Hotels, Pensionen, Ferienheime oder Kur- und Rehakliniken dagegen liegen noch unter dem Vor-Corona-Niveau.
Strukturelle Defizite: Nur Selbstversorgung an Küsten boomt
Die „Ostsee“ – mit der Hälfte aller Übernachtungen Reiseziel Nummer 1 im Land – erweist sich mit einem Übernachtungsplus von mehr als 9 Prozent gegenüber der Vor-Corona-Zeit als großer Gewinner.
Die zweitwichtigste Destination „Nordsee“, zu der etwa Sylt oder Amrum zählen, kann ein leichtes Plus von gut 1 Prozent verbuchen. Die Holsteinische Schweiz zählt einen Zuwachs von 4,5 Prozent, spielt bei der Gesamtzahl der Übernachtungen aber fast keine Rolle.
Das „übrige Schleswig-Holstein“ liegt noch rund 4 Prozent unterhalb des Vor-Corona-Niveaus, in dieses Segment fallen etwa Städte- und Geschäftsreisen oder der Messe-, Kongress- und Veranstaltungstourismus.
„Auch wenn der Tourismus in Schleswig-Holstein insgesamt besser durch die Corona-Krise kam als der in anderen Ländern, offenbaren die Zahlen auch seine strukturellen Schwächen. Die Dominanz von Selbstversorgungsunterkünften an den Küsten bedeutet einen Fokus auf touristische Angebote mit einer vergleichsweise geringen Wertschöpfung, und die Rückkehr des alten Saisonmusters mit einer hohen Konzentration der Übernachtungen auf die Sommermonate kann zu einem „Overtourism“ in bestimmten Regionen führen“, so Schrader.
„Was Schleswig-Holstein fehlt, ist eine stärkere Auslastung der höherpreisigen Kapazitäten über das ganze Jahr, die auch die Nachfrage nach weiteren touristischen Dienstleistungen erhöhen würde. Durch Corona hat sich gezeigt, dass gerade im Herbst Steigerungspotenziale bestehen und auch der Urlaub in bisher weniger bekannten Reisegebieten auf Interesse stößt. Die Tourismuswirtschaft sollte daher mit der Unterstützung des Landes noch mehr Angebote außerhalb der Hochsaison und auch abseits der Küsten entwickeln.“