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Entwicklungshilfe wird Einwanderungskritiker nicht überzeugen
Grundsätzlich könnten sowohl Einwanderungskritiker als auch Befürworter des Flüchtlingsschutzes eine Erhöhung der Entwicklungshilfe als Politikmaßnahme unterstützen – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Während Einwanderungskritiker eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen anstreben, vertreten die Befürworter des Flüchtlingsschutzes die Verbesserung der Lebensbedingunen in den Entwicklungsländern.
Allerdings „müssen die Bürger der Geberländer zuerst an die Entwicklungshilfe glauben. Und diese muss tatsächlich wirksam sein, die Entwicklung verbessern und Migration reduzieren. Ohne solche Ergebnisse würde die öffentliche Unterstützung langfristig ausbleiben“, erklärt MEDAM-Forscher Tobias Stöhr. „Wir haben jedoch festgestellt, dass viele Menschen Zweifel haben – sowohl was die Entwicklungshilfe als auch die zusätzlichen Ausgaben zur Fluchtursachenbekämpfung angeht. Interessanterweise werden diese Unterschiede mehr durch bestehende Einstellungen zur Einwanderung als durch die politische Präferenzen verursacht.“
Immigrationskritiker bezweifeln die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe
Auf Grundlange der Umfrageergebnisse des Aid Attitudes Tracker-Projekts (AAT), haben Esther Ademmer und Tobias Stöhr (Kieler Institut für Weltwirtschaft), Jens Eger und Sebastian Schneider (Deutsches Institut für Entwicklungsevaluation), David Hudson (University of Birmingham) und Jennifer van Heerde-Hudson (University College London) die öffentliche Meinung in Deutschland zur Entwicklungshilfe untersucht. Ihre Forschungsergebnisse, die heute im neuesten Policy Brief des Mercator Dialogue on Asylum and Migration (MEDAM) veröffentlicht werden, zeigen, dass Einwanderungskritiker und -anhänger sehr unterschiedliche Ansichten darüber vertreten, ob Entwicklungshilfe zur Verringerung der Einwanderung beiträgt und ob sie bereit sind, mehr Geld dafür auszugeben.
Die Forscher fanden heraus, dass Menschen mit einer skeptischen Einstellung gegenüber der Einwanderung auch gegenüber der Entwicklungshilfe viel eher skeptisch sind. Die bestehende Einstellung gegenüber der Einwanderung ist dabei ein weit stärkerer Faktor für die Einstellung zur Entwicklungshilfe als es Parteipräferenzen sind.
45 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, dass „die Entwicklungshilfe für humanitäre Notfälle im Nahen Osten und in Afrika dazu beiträgt, die Zuwanderung nach Deutschland zu reduzieren.“ Rund 20 Prozent waren gegenteiliger Meinung, weitere 25 Prozent weder einverstanden noch uneins. Die übrigen hatten sich keine Meinung gebildet. Die Umfrageergebnisse verdeutlichen die starke Polarisierung innerhalb der deutschen Gesellschaft. Ähnlich uneins waren die Teilnehmer in Bezug auf die Frage, ob die Bundesregierung die Entwicklungshilfe erhöhen sollte.
Source: Own elaboration based on Aid Attitudes tracker, wave 9.
Während viele politische Entscheidungsträger in Europa in der Erhöhung der Entwicklungshilfe bisher einen politischen Kompromiss suchten, auf den sich die Anhänger aller politischen Parteien einigen könnten, zeigen die Umfrageergebnisse, dass die Entwicklungshilfe nicht als Brückenbauer dienen kann. „Entwicklungshilfe allein wird nicht die notwendige gemeinsame Basis schaffen, um die derzeitige Blockade in der Asyl- und Migrationspolitik zu überwinden“, sagt Stöhr. „Das wird einfach nicht ausreichen, um Kritiker von zu beruhigen.“
Weitergehende Informationen:
Ademmer, E. und T. Stöhr. 2019. „Comforting immigration critics? Public opinion toward development aid as a tool to reduce refugee inflows to Germany.“ MEDAM Policy Brief 2019/1 Kiel: Kiel Institute for the World Economy.
Lanati, M., und R. Thiele. 2018. „Development aid can dampen migration if it improves public services.“ MEDAM Policy Brief 2018/2 Kiel: Kiel Institute for the World Economy.
———. 2018. „How Donors Respond to Refugee Movements.“ In 2018 MEDAM Assessment Report on Asylum and Migration Policies in Europe, MEDAM (Mercator Dialogue on Asylum and Migration), 109–115. Kiel: Kiel Institute for the World Economy.