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Kieler Subventionsbericht: Bund öffnet Geldbeutel immer weiter

Gesundheitskarte G2

Der deutsche Staat gibt immer mehr Geld für Subventionen aus. Die Finanzhilfen des Bundes, Steuervergünstigungen und weitere Einnahmenverzichte summierten sich 2017 auf insge­samt rund 118 Mrd. Euro. Dies geht aus dem jetzt veröffentlichten Kieler Subventionsbericht des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW) hervor, in dem der Subventionsbegriff sehr viel weiter definiert wird als im amtli­chen Subventionsbericht der Bundesregierung, der insgesamt nur rund 25 Mrd. Euro an Subventionen ausweist.

Erstmals konnten dabei aber die autonomen Finanzhilfen der Länder nicht mehr erfasst werden. Mit der teilweisen Abkehr von der kameralistischen Einnahme-Ausgabe-Rechnung und dem Übergang zur doppelten Buchführung sind in den Haushaltsplänen der Länder oft keine Daten zu den einzelnen Einnahmen und Ausgaben mehr enthalten. Das IfW kann daher nur noch die Finanzhilfen des Bundes und die Steuervergünstigungen insgesamt dokumen­tieren.

Subventionsfreude zugenommen

Demnach stiegen die Finanzhilfen des Bundes, einschließlich der Sonderhaushalte und Zahlungen an die Länder für Subventionszwecke seit 2015 um über 10 Milliarden Euro an, von 44,8 Mrd. Euro auf 50 Mrd. Euro im Jahr 2016 und 55,3 Mrd. Euro im Jahr 2017. Dies entspricht einem Plus von insgesamt 23 Prozent.

Steuervergünstigungen wurden 2017 in Höhe von 62,1 Mrd. Euro gewährt. Diese Summe sank gegenüber den Vorjahren leicht (2015: 62,4 Mrd. €; 2016: 62,2 Mrd. €), ist allerdings durch Effekte der Erbschaftssteuerreform verzerrt, die zu vorgezogenen Erbübergängen und Schenkungen führte. Um diesen Effekt bereinigt ist auch bei den Steuervergünstigungen ein kontinuierlicher Anstieg zu beobachten.

„Die Subventionsfreude hat in den vergangenen Jahren bedauerlicherweise immer weiter zugenommen, obwohl mittlerweile zentrale Gründe entfallen sind, die etwa während der Finanzkrise eine Ausweitung der Finanzhilfen nahelegten“, sagte Claus-Friedrich Laaser, Mitautor des Subventionsberichtes. „Die gegenwärtig günstige Kassenlage der öffentlichen Haushalte darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Finanzpolitik aufgrund des demografischen Wandels bald wieder ein rauerer Wind entgegenblasen dürfte. Die Politik wäre gut beraten, ihre Subventionen deutlich zurückzufahren und stattdessen Vorsorge für künftige Finanzierungsengpässe zu treffen sowie Herausforderungen wie die Integration von Flüchtlingen, die Bildungspolitik in Zeiten fortschreitender Digitalisierung oder die Verstär­kung der inneren und äußeren Sicherheit auf die Tagesordnung zu setzen. Auch die Moderni­sierung der Infrastruktur dürfte mehr Mittel beanspruchen, als derzeit dafür aufgewendet werden.“

Verkehrs- und Gesundheitssektor am stärksten subventioniert

Profiteur der Staatsgelder ist vor allem der Verkehrssektor mit über 20 Mrd. Euro, hierzu zählen etwa die Regionalisierungsmittel für die Länder zur Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs (8 Mrd. €), Infrastrukturbeihilfen für Schienenwege der Bahn (5,2 Mrd. €) oder Entgelt- und Pensionszahlungen für ehemalige Beamte der Bundesbahn (5,2 Mrd. €). Größter Einzelposten ist der Bundeszuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 14,5 Mrd. Euro. Er ist in den letzten Jahren besonders stark gestiegen und betrug bei seiner Einführung 2004 lediglich 1 Mrd. Euro.

In den letzten beiden Jahren stark an Bedeutung gewonnen haben verschiedene Posten der Umwelt- und Energiepolitik, die im Jahr 2017 Finanzhilfen von insgesamt 3,8 Mrd. Euro erhielten, darin enthalten ist etwa das CO2-Gebäudesanierungsprogramm (0,9 Mrd. €) oder die Förderung von Elektromobilität (0,4 Mrd. €). Traditionell hoch sind die Finanzhilfen für den Sektor Land-/Forstwirtschaft und Fischerei, der vom Bund mit 2,7 Mrd. Euro unterstützt wurde und von der Europäischen Union weitere 5 Mrd. Euro erhielt. Immer noch subventioniert wird der Kohlebergbau, der 1,5 Mrd. € bekam. In den Breitbandausbau flossen 0,8 Mrd. Euro.

Steuervergünstigungen werden in erster Linie durch eine Befreiung von der Umsatzsteuer gewährt. Mit insgesamt 17 Mrd. Euro profitierten Ärzte sowie die Sozialversicherungsträger am stärksten, also Krankenhäuser, Diagnosekliniken, Altenheime, Pflegeheime, ambulante Pflegedienste und Wohlfahrtsverbände. Durch eine Ermäßigung der Umsatzsteuer subventioniert wurden auch kulturelle und unterhaltsame Leistungen (3,9 Mrd. €), die Personenbeförderung im ÖPNV (1,4 Mrd. €), Beherbergungsleistungen (1,4 Mrd. €) oder gemeinnützige Organisationen ohne Erwerbscharakter (0,4 Mrd. €).

Rot, gelb, grün – welche Subventionen gestrichen werden können

Wieder im Bericht enthalten ist die Kieler Subventionsampel, mit der alle Subventionen über einem Gesamtbetrag von 100 Millionen Euro klassifiziert werden. Ziel der Ampel ist es, Kürzungspotenziale bei Subventionen aufzuzeigen. „Rot“ bedeutet, dass die Subvention sofort ersatzlos gestrichen werden kann. Dies betraf 15,5 Prozent aller Subventionen und entspricht einem Volumen von 17,8 Mrd. Euro.

Hierunter fällt etwa Klientelpolitik wie die Umsatzsteuerermäßigung für Hoteliers (1,3 Mrd. €) oder die Zuschüsse zur Kranken- und Unfallversicherung bei Landwirten (1,5 Mrd. €). Auch werden Subventionen als rot klassifiziert, denen eine „Anmaßung von Wissen durch staatliche Stellen“ zugrunde liegt, wenn also beispielsweise bestimmte Lösungen für die Zukunft als subventionswürdig betrachtet werden, andere aber nicht. Dies betrifft die Förderung von Elektromobilität (0,4 Mrd. €), aber auch beispielsweise das Innovationsprogramm für den Mittelstand (0,5 Mrd. €).

„Gelb“ signalisiert, dass die Subvention durchaus einen gesellschaftlichen Nutzen erfüllt, die Ausgestaltung aber verbessert werden kann und/oder Kürzungspotenziale bestehen. Dieser Kategorie wurden mit 65 Prozent die Mehrzahl der Subventionen zugeordnet, was einem Volumen von 74,9 Mrd. Euro entspricht. Hierzu zählen die Autoren etwa die Regionali­sierungsmittel für den ÖPNV (8 Mrd. €), dessen Förderung sie zwar für richtig halten, aber kritisieren, dass nicht alle Strecken per Ausschreibung vergeben werden. Ebenfalls als gelb klassifiziert wird die Subventionierung des Breitbandausbaus in ländlichen Regionen (0,8 Mrd. €), weil private Unternehmen damit von vorneherein aus der Verantwortung genommen würden.

Ein „grünes“ Ampelsignal zeigt an, dass ein Abbau der Subvention nicht vorgenommen werden soll oder kann. Entweder, weil ein gesellschaftlicher Mehrwert zu verzeichnen ist, etwa bei Subventionen für demokratische Bildung (0,1 Mrd. €), oder, weil dem rechtliche Hürden im Weg stehen, etwa bei den Pensionszahlungen an ehemalige Beamte der deutschen Bundesbahn (5,2 Mrd. €). Lediglich sieben Prozent der Subventionen mit einem Volumen von 8 Mrd. Euro sind im Kieler Subventionsbericht als grün gekennzeichnet.