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Kieler Ausgabenmonitor: Umverteilungsausgaben dominieren den Bundeshaushalt
„Der Staat steht gegenüber seiner Bevölkerung in der Pflicht, seine knappen Mittel so einzusetzen, dass Wohlstand erhalten oder vermehrt wird und kontraproduktive Effekte durch öffentliche Ausgaben vermieden werden“, sagte der Subventionsexperte am IfW Kiel, Claus-Friedrich Laaser, anlässlich des heute erschienenen Kieler Ausgabenmonitors, der eine Ergänzung zum Kieler Subventionsbericht darstellt („Die Bundesausgaben in Zeiten von Corona im Fokus des Kieler Bundesausgabenmonitors – Eine Strukturanalyse“).
„Unsere Analyse zeigt, dass gerade die für einen hohen Lebensstandard nötigen Investitionen in Bildung und Forschung nur eine sehr untergeordnete Rolle in Deutschlands Haushaltspolitik spielen. Auch für den Standort wichtige Ausgaben für die Infrastruktur fallen vergleichsweise eher gering aus – was sich an ihrem teils besorgniserregenden Zustand anschaulich widerspiegelt.“
Laut Kieler Ausgabenmonitor umfassen die Umverteilungsausgaben 2021 (Planhaushalt) 269,5 Mrd. Euro bzw. 57,5 Prozent aller Ausgaben. Davon entfallen 173,1 Mrd. Euro (36,9 Prozent) auf die Sozialausgaben und 87,2 Mrd. Euro (18,6 Prozent) auf Subventionen in Form von Finanzhilfen.
Bundesausgaben mit Produktionseffekten in der laufenden Periode summieren sich auf 76,2 Mrd. Euro (16,3 Prozent). Davon sind 41,6 Mrd. Euro für äußere und innere Sicherheit vorgesehen (Verteidigung und Polizei), 4,2 Mrd. Euro gehen an Exekutive, Legislative und Judikative. 18,8 Mrd. Euro fließen in die Infrastruktur, davon beispielsweise 11,3 Mrd. Euro in Bundesfernstraßen und 1,4 Mrd. Euro in Digitalisierungsprojekte des Bundes wie eine moderne Verwaltung.
Bundesausgaben mit Produktionseffekten für die Zukunft, im Wesentlichen Mittel für Grundlagenforschung und Bildung, sind 2021 mit 30,2 Mrd. Euro (6,4 Prozent) veranschlagt.
„Nur weniger als ein Viertel aller Bundesausgaben sind unmittelbar für produktive Zwecke im Inland vorgesehen, was sich auch in den bemerkenswert geringen Ausgaben für das Staatswesen oder die Digitalisierung der Verwaltung widerspiegelt. Die Subventionspolitik hat im Zuge der Corona-Krise dagegen einen neuen Schub erhalten, fast 20 Mrd. Euro sind zwar als Corona-Hilfen deklariert, dienen aber gar nicht der unmittelbaren wirtschaftlichen Bewältigung der Krise“, so Laaser.
Ausgaben für Produktionsleistungen in der Vergangenheit betragen 21,6 Mrd. Euro (4,6 Prozent). In diese Kategorie fallen vor allem Pensionen sowie Zinsausgaben. Ins Ausland fließen 64,4 Mrd. Euro (13,7 Prozent). Größte Posten sind hier die Zuweisungen an die Europäische Union mit 33,3 Mrd. Euro und die Entwicklungshilfe mit 12,3 Mrd. Euro.
Bundesausgaben der letzten 21 Jahre: Sozialausgaben dominieren
Im Verlauf der letzten 21 Jahre ist die Struktur der Bundesausgaben relativ stabil. Es dominieren die Sozialausgaben mit einem Anteil zwischen 35 und 40 Prozent. „Auch wenn kein Gemeinwesen ohne ein gewisses Maß an Umverteilung auskommt, ist das deutsche Ausmaß durchaus auffällig, weil Mittel für produktive Zwecke fehlen. Der Vorwurf, Deutschland würde Sozialausgaben vernachlässigen, ist auf jeden Fall widerlegt, sie sind dauerhaft der mit Abstand gewichtigste Ausgabenposten“, so Laaser.
Auffälligste Veränderungen seit dem Jahr 2000 sind zum einen die im Zuge der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank deutlich sinkenden Zinsausgaben, die laut Planung von 40,2 Mrd. Euro 2008 auf nur noch 10,4 Mrd. Euro 2021 sinken. Außerdem fließen aufgrund der zunehmenden Bedeutung internationaler Institutionen und Kooperationen im Zeitalter der Globalisierung immer mehr Mittel ins Ausland, 2010 waren es noch 9,3 Prozent, 2021 dann 13,7 Prozent.
„Deutschland muss die zwei schwersten Krisen der Nachkriegszeit unmittelbar hintereinander bewältigen und obendrauf seine Wirtschaftsstruktur hin zur Klimaneutralität transformieren. Diese immense finanzielle Herausforderung ist ohne das Erschließen von Finanzierungspotenzialen in den laufenden Haushalten nicht nachhaltig zu stemmen“, so Laaser.
„Die Bundesregierung sollte dringend alle ihre Subventionen auf den Prüfstand stellen und sich Gedanken über eine Gewichtsverschiebung der Ausgabenpositionen machen. Mehr Mittel für Bildung und Forschung, die Infrastruktur sowie für Staatsorgane und Verwaltung sind angebracht.“
Der Kieler Bundesausgabenmonitor klassifiziert die Bundesausgaben anhand ihrer gesamtwirtschaftlichen Wirkung und stellt eine Ergänzung zum Kieler Subventionsbericht dar. Der Datensatz der Analyse umfasst die Jahre 2000 bis 2021 (Plandaten des Bundeshaushalts). Die gängigen Haushaltspläne der Ministerien geben auf diese Frage keine Antwort, da einzelne Positionen oftmals Ausgaben mehrerer Kategorien enthalten. Außerdem verteilen sich die Gesamtausgaben einer Kategorie meist auf mehrere Ministerien.