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Frachtmenge im Roten Meer geht weiter zurück, weniger Schiffe in Hamburg

Luftaufnahme Bug eines Containerschiffs

Grund für die drastischen Rückgänge des Frachtaufkommens ist, dass Containerschiffe nach Angriffen durch Huthi-Rebellen statt durch das Rote Meer und den Suezkanal nun den Umweg um Afrika und das Kap der Guten Hoffnung nehmen. Dies bedeutet einen Umweg von rund zwei Wochen. Rund 10 Prozent aller weltweit verschifften Waren sind davon betroffen.

„Die Streitkräfte der USA und von Großbritannien konnten bislang offenbar nicht für mehr Sicherheit auf der ehemals meistbefahrenen Handelsroute sorgen. Die gegenwärtige Situation sieht aber dramatischer aus, als sie gesamtwirtschaftlich ist. Wir sehen momentan, dass Containerschiffe deutlich länger unterwegs sind als ursprünglich geplant, so dass in vielen Häfen Europas eine Lücke entstanden ist. Die dürfte sich aber wieder auf ein Normalmaß schließen, sobald der längere Fahrweg logistisch eingeplant ist“, sagt Julian Hinz, Forschungsdirektor Handelspolitik und Leiter des Kiel Trade Indicators.

Durch den Umweg ist das östliche Mittelmeer vor der Türkei, Griechenland und Sizilien weniger befahren. Ankünfte an Häfen in Süd- und Nordeuropa verzögern sich.

In Hamburg und Bremerhaven, aber auch in Rotterdam und Antwerpen legten 25 Prozent weniger Schiffe an, vergleicht man den Wochendurchschnitt 2023 mit dem vom Januar 2024. 

Die Menge weltweit verschickter Waren stieg im Januar aber sogar an und die Anzahl verschiffter Standardcontainer lag bei über 14 Millionen Stück und nahe am bisherigen Höchststand von vor rund 2 Jahren.

„Vor allem die Menge weltweit verschiffter Waren zeigt, dass der Welthandel in keiner Krise steckt, sondern stabil geblieben ist. Zwar können einzelne Firmen unter Lieferverzögerungen leiden, insgesamt sind aber keine Engpässe bei Vorprodukten oder Konsumgütern zu erwarten“, so Hinz.

„Eine Ursache für die rege Handelsaktivität dürfte auch im chinesischen Neujahrsfest liegen, im Vorfeld der Feiertage legt der Handel in China üblicherweise zu. Allerdings geht er danach auch wieder zurück.“

Die Frachtraten auf dem Wege von China nach Europa – diese Route führte bislang durchs Rote Meer und den Suezkanal – sind unterdessen deutlich gestiegen. Im Januar kostet der Transport eines Standardcontainers zwischenzeitlich über 5.000 US-Dollar und sind seitdem wieder rund 15 Prozent gesunken. Ende 2023 waren es rund 1.500 US-Dollar. Die Preise liegen gegenwärtig aber immer noch weit unter den Rekordwerten von 2022, wo knapp 15.000 US-Dollar erreicht wurden.

Auch die Frachtkosten für Container für den Export nach Asien sind um mehr als das Dreifache gestiegen.

„Weltweite Auswirkungen sind durch die Anstiege der Transportkosten jedoch kaum merkbar, Frachtkosten machen nur einen sehr geringen Anteil an den Warenwerten aus, bei hochpreisigen Elektronikprodukten wie Laptops oder Mobiltelefone liegt der Anteil sogar nur im Promillebereich. Auch sind die Preise auf der Route aus Nordamerika nach Europa nahezu unverändert seit Beginn der Krise im November 2023“, so Hinz.

Aus technischen Gründen steht im aktuellen Update keine Zahlengrafik zur Veränderung der Importe und Exporte zur Verfügung.

Weitere Informationen zum Kiel Trade Indicator und einzelne Prognosen für 75 Länder und Regionen finden Sie auf www.ifw-kiel.de/tradeindicator.


Über den Kiel Trade Indicator

Der Kiel Trade Indicator schätzt die Handelsflüsse (Im- und Exporte) von 75 Ländern und Regionen weltweit, sowie des Welthandels insgesamt. Im Einzelnen umfassen die Schätzungen über 50 Länder sowie Regionen wie die EU, Subsahara-Afrika, Nordafrika, den Mittleren Osten oder Schwellenländer Asiens. Grundlage ist die Auswertung von Schiffsbewegungsdaten in Echtzeit. Ein am IfW Kiel programmierter Algorithmus wertet diese unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz aus und übersetzt die Schiffsbewegungen in preis- und saisonbereinigte Wachstumswerte gegenüber dem Vormonat.

Die Auswertung erfolgt einmal im Monat um den 5. und liefert aktualisierte Handelszahlen für den vergangenen und den laufenden Monat.

An- und ablegende Schiffe werden dabei für 500 Häfen weltweit erfasst. Zusätzlich werden Schiffsbewegungen in 100 Seeregionen analysiert und die effektive Auslastung der Containerschiffe anhand des Tiefgangs gemessen. Mittels Länder-Hafen-Korrelationen können Prognosen erstellt werden, auch für Länder ohne eigenen Tiefseehafen.

Der Kiel Trade Indicator ist im Vergleich zu den bisherigen Frühindikatoren für den Handel deutlich früher verfügbar, deutlich umfassender, stützt sich mit Hilfe von Big Data auf eine bislang einzigartig große Datenbasis und weist einen im Vergleich geringen statistischen Fehler aus. Der Algorithmus des Kiel Trade Indikators lernt mit zunehmender Datenverfügbarkeit dazu (machine learning), so dass sich die Prognosegüte im Lauf der Zeit weiter erhöht.