News

Mehr flexible Solidarität in der europäischen Asyl- und Migrationspolitik

Durch die große Zahl an Flüchtlingen und andere Migranten, die Europa in den vergangenen beiden Jahren erreicht haben, wurden insbesondere jene EU-Staaten, die die meisten Asylsuchenden aufgenommen haben, an ihre Kapazitätsgrenzen gebracht. Mit Blick auf weitere Neuankömmlinge und deren langfristige Integration ist es nun notwendig, neue und vor allem gemeinsame Strategien zur Bewältigung der Flüchtlingsströme nach Europa zu erarbeiten. Im Fokus der heute veröffentlichten Studie stehen zwei Handlungsempfehlungen:

Die Verantwortung für Flüchtlinge gerechter verteilen

Die Gesamtlasten müssen langfristig gerechter aufgeteilt werden – sowohl weltweit als auch innerhalb der EU. Als Gegenleistung für eine deutlich höhere finanzielle Unterstützung durch die EU und deren Mitgliedstaaten sollten Aufnahmeländer außerhalb der EU dazu ermutigt werden, Flüchtlingen einen gesicherten rechtlichen Status zu verleihen und ihre wirtschaftliche und soziale Integration fördern. Die EU und deren Mitgliedstaaten sollten langfristig humanitäre Hilfen mit Entwicklungshilfe verbinden und so sicherzustellen, dass öffentliche Dienstleistungen und Infrastruktur selbst bei einer großen Zahl von Flüchtlingen über lange Zeit intakt bleiben. Darüber hinaus sollten die EU-Mitgliedstaaten freiwillig durch die Umsiedlung einer begrenzten Anzahl von Flüchtlingen -  sowohl von außerhalb der EU in EU-Mitgliedstaaten als auch innerhalb der EU von Mitgliedstaaten an den Außengrenzen in andere Mitgliedstaaten - ihre Solidarität unter Beweis stellen.

Ausweitung von legaler Einwanderung aus Nicht-EU-Mitgliedstaaten in EU-Mitgliedschaften

EU-Mitgliedstaaten sollten die legalen Arbeitsmöglichkeiten für Nicht-EU-Bürger auszuweiten. Momentan beantragen zahlreiche irreguläre Einwanderer in der EU Asyl, nicht weil sie Schutz benötigen, sondern weil sie nur so Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt erhalten können. Obgleich viele von ihnen niemals den Flüchtlingsstatus erlangen, kehren nur sehr wenige tatsächlich in ihr Ursprungsland zurück. Um irreguläre Einwanderung einzudämmen, reicht es nicht aus, die „Hintertür“ für eine irreguläre Einreise in die EU durch eine bessere Bewachung der Außengrenzen und durch Abkommen mit Ursprungs- und Transitländern entlang der Hauptmigrationsrouten zu schließen. Vielmehr sollte man für diejenigen, die sich die erforderlichen Sprachkenntnisse und Berufsqualifikationen aneignen, die „Vordertür“  zum legalen Arbeitsmarkt in den EU-Mitgliedstaaten öffnen. Um den Zugang zur Sprache und zur Berufsausbildung in Entwicklungsländern auch für Personen mit niedrigem Einkommen sicherzustellen, sollten EU-Mitgliedstaaten derartige Ausbildungen in ihre Entwicklungshilfe aufnehmen. In der EU hätten dann Unternehmen Zugriff auf einen größeren Pool von qualifizierten Arbeitskräften und die Auswirkungen der Überalterung könnten abgemildert werden.

„Die Anzahl von Asylsuchenden, die irregulär in die EU einreisen, ist nach dem Höhepunkt im Jahr 2015 stark gesunken. Dies gibt denjenigen EU-Staaten, die die meisten Asylsuchenden aufgenommen haben, eine dringend benötigte Atempause und Raum, über konkrete Maßnahmen zu sprechen. Diese Pause sollte auch dazu genutzt werden, neue und vor allem gemeinsame Strategien zur Bewältigung der Flüchtlingsströme zu erarbeiten. Auch um den Zusammenhalt und die Handlungsfähigkeit Europas zukünftig zu gewährleisten“, erläutert Dr. Wolfgang Rohe, Geschäftsführer der Stiftung Mercator.

MEDAM Senior Project Director und IfW-Präsident Dennis Snower betonte, wie wichtig ein ganzheitlicher Ansatz sei: „In unserem ersten MEDAM Assessment Report analysieren wir die wichtigsten Herausforderungen im Bereich Asyl und Migration, und beschreiben sowohl die Komplexität der Herausforderungen als auch ihre Abhängigkeiten voneinander. Wir schlagen Leitlinien für umfassende, umsetzbare Lösungen vor und nutzen diese, um Vorschläge für spezifische Reformen und politische Interventionen zu entwickeln. Diese Herausforderungen können nur gemeinschaftlich und mit einem offenen Blick über die Grenzen Europas hinaus gelöst werden.“

2017 MEDAM Assessment Report