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Spanien und Katalonien: Gemeinsam stärker

Die politische Auseinandersetzung über den zukünftigen Status Kataloniens weckt die Befürchtung, dass davon die wirtschaftliche Entwicklung in Spanien nicht unberührt bleibt. In den vergangenen Jahren hat Spanien die akute Wirtschafts- und Finanzkrise hinter sich gelassen. Katalonien hat, zusammen mit anderen wirtschaftsstarken Regionen Spaniens, deutlich zur Erholung der spanischen Volkswirtschaft beigetragen. Dies belegen die IfW-Ökonomen Klaus Schrader und Claus-Friedrich Laaser mithilfe zahlreicher wirtschaftlicher Kennzahlen in ihrem aktuellen Kiel Policy Brief „Die Bedeutung Kataloniens für die spanische Volkswirtschaft“.

Katalonien und die Region Madrid steuern beispielsweise mit jeweils 19 Prozent die höchsten Anteile zum spanischen BIP bei. Eine besondere Stärke liegt im industriellen Sektor. „Die größte Stärke hat Katalonien bei chemischen und pharmazeutischen Produkten. Die Provinz hat hier nach aktuellen Zahlen der Industriestatistik einen besonders deutlichen Vorsprung vor dem restlichen Spanien“, sagte Klaus Schrader, Leiter Schwerpunktanalysen am IfW. Eine weitere besondere Stärke ist der Export. „Nicht nur, dass Katalonien die absolut höchsten Exportwerte aller spanischen Regionen aufweist: 2016 waren es mit 65,1 Mrd. Euro sogar mehr als die Exporte der Region Valencia und der Hauptstadtregion Madrid zusammengenommen.

Allerdings zeigen die Autoren auch, dass Katalonien keineswegs die spanischen Wirtschaftsstrukturen dominiert und wie andere Regionen weiterhin mit wirtschaftlichen Problemen, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt, zu kämpfen hat, auch wenn die Arbeitslosenquote mit rund 16 Prozent einige Punkte unter dem spanischen Durchschnitt liegt. Katalonien profitiert von Verflechtungen mit anderen Teilen Spaniens und dem Europäischen Binnenmarkt, was durch eine einseitige Unabhängigkeitserklärung zur Disposition stünde. „Die gerade im Zeitalter der Globalisierung wichtigen Produktions‐ und Lieferketten würden insbesondere zulasten katalanischer Standorte gestört“, befürchtet Schrader. „Die Offenheit der innerspanischen und europäischen Grenzen müsste gerade in der wirtschaftlichen Situation Kataloniens ein besonderes Gewicht haben.“ Einseitige Akte zur Erlangung einer staatlichen Unabhängigkeit seien in dieser Hinsicht besonders kontraproduktiv.

„Offensichtlich haben die separatistischen Tendenzen in Katalonien auch ihre Ursachen in einer als unvorteilhaft angesehenen Arbeitsteilung der Region mit dem spanischen Zentralstaat“, so Schrader weiter. Stichworte seien in diesem Zusammenhang die Zuweisung von staatlichen Aufgaben und deren Finanzierung oder die Ausgestaltung des Finanzausgleichs zwischen den Regionen. „Um einen dauerhaften Interessenausgleich zwischen allen spanischen Regionen und der Zentrale in Madrid zu erreichen, sollten die föderalen Strukturen Spaniens gemeinsam weiterentwickelt werden.“