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Konjunkturprognose: Knapp 2 % Inflation bis 2018

In ihrer aktuellen Konjunkturprognose rechnen die Forscher des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) mit einem Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in Deutschland um 1,9 Prozent für 2016, um 1,7 Prozent für 2017 und um 2 Prozent für 2018. Im Jahr 2017 fallen ungewöhnlich viele Feiertage auf Werktage, arbeitstäglich bereinigt würde das BIP um 2 Prozent zulegen. „Nach der Schwäche im dritten Quartal, in dem die Wirtschaftsleistung nur um 0,2 Prozent zulegte, deuten die Frühindikatoren darauf hin, dass die Konjunktur zum Jahresende wieder deutlich an Fahrt gewinnt“, sagte der Leiter des IfW-Prognosezentrums, Stefan Kooths. Nach einer aktuellen Auswertung (IfW-Box 2016.24) rechnen die Forscher nicht damit, dass das Brexit-Votum in Großbritannien die deutsche Konjunktur spürbar belastet. „Die langfristigen Auswirkungen der Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten und des Verfassungs-Referendums in Italien sind derzeit nur schwer absehbar, kurzfristig dürften die Folgen gering bleiben“, sagte Kooths.

Treibende Kraft hinter der ausgedehnten deutschen Aufschwungphase bleibt die Binnenwirtschaft. Zwar legt der private Konsum aufgrund steigender Inflation nicht mehr so stark zu wie bislang, dafür gewinnen die Investitionen auch dank der anhaltend günstigen Finanzierungsbedingungen stärker an Gewicht, insbesondere im Bereich Wohnungsbau. Die Bauwirtschaft operiert weiterhin an der Kapazitätsgrenze. Die Auftragsbestände waren dort zuletzt so hoch wie seit 16 Jahren nicht mehr. Die deutschen Exporte dürften dank spürbar aufgehellter Unternehmensaussichten in den deutschen Absatzmärkten wieder deutlich zulegen. Die Forscher rechnen mit einem Anziehen der Konjunktur in den Vereinigten Staaten, einer anhaltenden Erholung im Euroraum und verbesserten Aussichten für die Schwellenländer. Auch dürfte sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit durch einen schwachen Euro in den beiden kommenden Jahren leicht verbessern. Auch bei den Importen gehen die Forscher von einem kräftigen Anstieg aus.

Arbeitslosigkeit geht weiter zurück, Inflation legt zu, Haushaltsüberschüsse bleiben hoch

Der Beschäftigungsanstieg hat sich zuletzt stark verlangsamt, die Rahmenbedingungen am Arbeits­markt sind jedoch weiterhin günstig. Getrieben vom konjunkturellen Auftrieb, dem weiterhin günstigen Verhältnis zwischen realen Lohnkosten und Produktivität sowie der zuwanderungs­bedingten Ausweitung des Arbeitsangebots dürfte der Beschäftigungsaufbau in den Jahren 2017 und 2018 deutlich aufwärtsgerichtet bleiben und die Arbeitslosenquote unter 6 Prozent fallen, so die Forscher. Eine aktuelle Schätzung (IfW-Box 2016.25) ergab, dass bis Ende 2018 rund die Hälfte der erwerbsfähigen Flüchtlinge beschäftigt sein dürfte, während je rund ein Viertel arbeitslos gemeldet sein bzw. durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wie Sprachkurse gefördert werden dürfte.

Die konjunkturelle Dynamik wird auch die Verbraucherpreise stärker steigen lassen. Die Forscher rechnen damit, dass die Inflationsrate im Verlauf der nächsten zwei Jahre auf 1,8 Prozent anzieht. Von einem dauerhaften Anstieg der Ölpreise durch die jüngst beschlossene Drosselung der Förder­menge gehen die Forscher dagegen nicht aus. „Die OPEC-Staaten und andere Ölländer haben in den vergangenen Monaten die Förderung auf das Maximum erhöht, das Angebot bleibt bedingt durch den Überschuss also hoch. Erfahrungen aus der Vergangenheit lassen außerdem vermuten, dass sich die Staaten nicht an die vereinbarten Quoten halten“, so Kooths.

Die Ausgaben der öffentlichen Hand zogen in diesem Jahr um mehr als 4 Prozent an, was unter anderem auf die stark gestiegenen Ausgaben im Zuge der Flüchtlingsmigration und die deutliche Rentenanpassung zur Jahresmitte zurückzuführen ist. Dank sprudelnder Steuereinnahmen und hoher Ersparnisse bei der Zinslast bleibt dennoch ein Budgetüberschuss von 14 Mrd. Euro, 0,4 Prozent in Relation zum BIP. Auch in den Folgejahren stehen den hohen Ausgaben noch höhere Einnahmen gegenüber und der Überschuss bleibt in etwa bei 0,5 Prozent in Relation zum BIP.

Weltwirtschaft nimmt wieder Fahrt auf

Die Weltwirtschaft hat die konjunkturelle Talsohle im Verlauf des Jahres 2016 durchschritten. Der Anstieg der Weltproduktion gerechnet auf Basis von Kaufkraftparitäten wird sich laut aktueller Prognose in den kommenden beiden Jahren auf 3,5 Prozent bzw. 3,6 Prozent erhöhen, nachdem der Zuwachs in diesem Jahr lediglich 3,1 Prozent betragen dürfte. Anregend wirken die weiterhin expansive Geldpolitik, eine Beschleunigung des Lohnanstiegs sowie zunehmend auch Impulse von der Finanzpolitik, wie sie nicht zuletzt der designierte US-Präsident Donald Trump angekündigt hat. „Die konjunkturellen Auswirkungen des Wechsels im US-Präsidentenamt sind derzeit aber noch schwer abzuschätzen, die anregenden Effekte einer expansiven Finanzpolitik könnten überschätzt werden. Eine Aufwertung des US-Dollar oder das Ausweisen von Immigranten, welches das Arbeitskräftepotenzial der USA spürbar reduzieren würde, hätte dämpfende Wirkung“, sagte Kooths.

Die wirtschaftliche Expansion in den Schwellenländern dürfte sich im Prognosezeitraum allmählich beleben, aber angesichts weiterhin relativ niedriger Rohstoffpreise und vielfach ungelöster struktureller Probleme keine große Dynamik entfalten. Für die chinesische Wirtschaft erwarten die Forscher wieder geringere Zuwachsraten. Nachdem die Regierung dieses Jahr durch expansive geld- und fiskalpolitische Maßnahmen die Konjunktur gestützt hat, rechnen die Forscher für 2017 und 2018 mit einem Auslaufen der Maßnahmen und Zuwachsraten von nur noch 6,4 bzw. 5,9 Prozent.

Kommentar von Stefan Kooths zur aktuellen Prognose: „Konjunkturell fragiles Umfeld“

„Die Expansion in Deutschland vollzieht sich weiterhin in einem äußerst fragilen monetären Umfeld. Zwar operiert die deutsche Wirtschaft derzeit nahezu bei Normalauslastung, was für sich genommen stabilisierungspolitisch ideal wäre. Die Umstände, unter denen sich diese Entwicklung vollzieht, sind allerdings weder normal noch ideal. Insbesondere steht die Zinsbildung an den Kapitalmärkten weiterhin unter dem Einfluss der ultraexpansiven Geldpolitik im Euroraum. Mit zunehmender Dauer dieser Interventionen richten sich mehr und mehr Güterpreise an einem künstlichen Zinssignal aus. Als Folge davon deformieren sich die Produktionsstrukturen. Während dieser Effekt bei einer üblicherweise nur kurzfristigen, konjunkturell begründeten Geldpolitik als weniger gravierend ist, wird er umso bedeutsamer, je mehr sich die Niedrigzinspolitik als Dauerzustand erweist. Insgesamt wird damit sowohl die Real- als auch die Finanzwirtschaft krisenanfälliger, was die an sich gebotene Normalisierung der Geldpolitik kaum erleichtert. Diese schwerwiegenden Nebenwirkungen einer über einen langen Zeitraum fortgeführten ultraexpansi­ven Geldpolitik spiegeln sich nicht im Zahlenwerk einer Konjunkturprognose wider – im Gegenteil. Die extrem günstigen Finanzierungsbedingungen wirken hierzulande konjunkturell stimulierend. Es ist daher davor zu warnen, die recht hohen Zuwachsraten der hiesigen Wirtschaftsleistung, die wir für dieses und die beiden Folgejahre prognostizieren, als Ausweis einer insgesamt unbedenklichen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung anzusehen.“