Kiel Institute Highlights

Globale Wertschöpfungsketten von verschiedenen Seiten durchleuchtet

Das Kiel Centre for Globalization (KCG) untersuchte 2021 unter anderem Aspekte von Nachhaltigkeit, Sicherheit und Innovationen in internationalen Wertschöpfungsketten. Eine Übersicht über ausgewählte Forschungsergebnisse.

Handel und Nachhaltigkeit

Hanley und Semrau (im Erscheinen) untersuchten, ob Exporte die Einführung von Umweltinnovationen in Unternehmen auslösen, und sie beleuchteten so die Determinanten der Konvergenz von Umweltstandards in aufholenden Volkswirtschaften Europas. Sie fanden heraus, dass insbesondere osteuropäische Exporteure eine höhere Bereitschaft aufweisen, Umweltinnovationen einzuführen. Dieser Effekt ist allerdings ausschließlich von prozessbasierten Umweltinnovationen bestimmt und kann für produktbasierte nicht beobachtet werden. Darüber hinaus zeigten sie, dass, unabhängig von der Herkunft eines Unternehmens, der Zugang zu Importländern mit einer strengen marktbezogenen Umweltpolitik im Zusammenhang mit der Einführung von Umweltinnovationen steht. Sie kamen zu dem Schluss, dass Mechanismen wie Lernen durch Export, Regulierungsdruck und Nachfragesog zur Erklärung dieser Ergebnisse beitragen können, wobei ausländische Märkte durch eine größere Vielfalt an Stakeholder-Präferenzen gekennzeichnet sind.

Handel und Innovation

Um Chinas rasanten wirtschaftlichen Wandel besser zu verstehen, untersuchten Gong und Hanley (2021) das Ausmaß, in dem neue Produkte durch Exporte (direkte Effekte) und durch den Kontakt mit anderen Exporteuren (indirekte Effekte) ausgelöst werden. Ihre Analyse ergab einen überwältigend positiven direkten Effekt der Exporte auf die Einführung neuer Produkte und einen bescheideneren Spillover-Effekt. Interessanterweise können sich auch Unternehmen mit einem geringeren Innovationsbedarf (processing exporters) Export-Spillover-Effekte zunutze machen. Die Ergebnisse haben Auswirkungen auf andere Länder, die eine Maximierung der Exporte in Wirtschaftsclustern anstreben und damit Innovation und letztlich Wachstum fördern.

Handel und soziale Verantwortung der Unternehmen (corporate social responsibility, CSR)

Herkenhoff et al. (2021) untersuchten die Anreize für und Investitionen in CSR in verschiedenen Stufen entlang der Wertschöpfungsketten. Basierend auf Daten aus Indien fanden sie heraus, dass je näher Unternehmen an den Endverbrauchern sind, desto stärker engagieren sie sich in CSR-Aktivitäten im Hinblick auf Ausgaben für das Wohlergehen der Belegschaft und die soziale Gemeinschaft. Görg et al. (2021) erörterten Kosten und Nutzen eines Gesetzes über die unternehmerische Sorgfaltspflicht in Lieferketten am Beispiel Deutschlands. Sie argumentierten, dass eine detailliertere Überwachung internationaler Lieferketten zwar kurzfristig zu höheren Kosten für die Unternehmen führen kann, mittel- bis langfristig aber Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen in der Produktion zu erwarten sind. Dies wird die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen auf internationalen Märkten, auf denen auf eine nachhaltige Produktion geachtet wird, erhöhen.

Handel und Sicherheit

Sandkamp et al. (im Erscheinen) analysierten die Auswirkungen von Seepiraterie auf Handel und Transport jeweils auf Produkt-, Unternehmens- und Frachtschiffsebene. Sie stellten fest, dass die Seepiraterie einen kleinen, aber signifikanten dämpfenden Einfluss auf den Handel hat. Die Gesamtexporte entlang der von der Seepiraterie betroffenen Schifffahrtsrouten gehen nach einem Anstieg der Piratenaktivitäten zurück. Darüber hinaus veranlasst die Piraterie Unternehmen dazu, vom See- auf den Luftverkehr umzusteigen, während die verbleibenden Warenladungen auf dem Seeweg größer werden. Die Studie liefert Belege für eine Transportumleitung in der Schifffahrt, da Containerschiffe Regionen meiden, die für Piratenangriffe anfällig sind.

Ausländische Direktinvestitionen (foreign direct investment, FDI)

Berger und Liu (2021) untersuchten, ob sich die Inhalte internationaler Investitionsabkommen (international investment agreements, IIAs) allmählich angenähert haben, um die Multilateralisierung von Investitionsregeln zu erleichtern und damit grenzüberschreitende Investitionsströme zu erleichtern. Sie stellten fest, dass die zwischen Nicht-G20-Ländern ausgehandelten IIAs einander ähnlicher sind als die von den G20-Ländern abgeschlossenen. Seit dem Jahr 2000 ist dieses Muster sogar noch stärker ausgeprägt. Dieses Ergebnis stellt die Prämisse in Frage, dass die G20 als das am besten geeignete Forum für die Aufnahme multilateraler Verhandlungen über multilaterale Investitionsregeln dienen kann. Kannen et al. (2021) untersuchten, ob Unternehmen mit ausländischer Beteiligung eher „grüne“ Managementpraktiken anwenden, die es ermöglichen, die Auswirkungen eines Unternehmens auf die Umwelt zu überwachen und zu verbessern. Durch die Analyse von Daten auf Unternehmensebene aus mehreren Ländern stellten sie fest, dass ausländische Beteiligung in einem Unternehmen die Wahrscheinlichkeit erhöht, grüne Managementpraktiken einzuführen und somit zur grünen wirtschaftlichen Transformation eines Landes beiträgt. Sie zeigten auch, dass sich ausländische Beteiligungen je nach Land und Firma unterschiedlich auf die Umsetzung grüner Praktiken auswirken.

Im Austausch mit Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit

Trotz der Covid-19-Pandemie organisierte das KCG mehrere digitale Forschungsseminare, um Forschungsergebnisse mit Interessierten in Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit zu teilen. Darüber hinaus veranstaltete es zusammen mit der UNIDO und dem Forschungsnetzwerk „Sustainable Global SupplyChains“ das 2021 Forum für Globalisierung und Industrialisierung (FGI 2021). Das Engagement für die breite Öffentlichkeit über verschiedene nationale und internationale Medien wurde auch 2021 fortgesetzt und deckte ein breites Spektrum von Themen rund um die Globalisierung ab wie z. B. Entkopplung, Handel und Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung von Unternehmen und Sorgfaltspflichtgesetze, globale Lieferengpässe und das Investitionsabkommen zwischen der EU und China.

Literatur:

Berger, A., und W.-H. Liu (2021). Can the G20 Serve as a Launchpad for a Multilateral Investment Agreement? The World Economy 44 (8): 2284–2302.

Gong, Y., und A. Hanley (2021). Exports and New Products in China – A Generalized Propensity Score Approach with Firm-to-Firm Spillovers. The Journal of Development Studies 57 (12): 2136–2155.

Görg, H., et al. (2021). Ein Lieferkettengesetz für Deutschland? KCG Policy Paper 7. IfW Kiel.

Hanley, A. und F. O. Semrau. Stepping up to the Mark? Firms’ Export Activity and Environmental Innovation in 14 European Countries. Industry and Innovation. Im Erscheinen.

Herkenhoff , P., et al. (2021). Corporate Social Responsibility Along the Global Value Chain. CESifo Working Paper 9498, CESifo.

Kannen, P., F. O. Semrau, und F. Steglich (2021). Green Gifts From Abroad? FDI and Firms‘ Green Management. Kieler Arbeitspapiere 2200. IfW Kiel.

Sandkamp, A., V. Stamer und S. Yang. Where has the Rum Gone? The Impact of Maritime Piracy on Trade and Transport. Review of World Economics. Im Erscheinen.