IfW Kiel in den Medien
„Die EU hätte längst den Spieß umdrehen können“
15 Prozent für die EU, 0 Prozent für die USA: Hat sich die EU von Trump über den Tisch ziehen lassen? Handelsexperte Julian Hinz über bittere Ergebnisse - und bemerkenswerte Strategien.
WIWO: Herr Professor Hinz, US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen haben sich auf einen Zolldeal geeinigt: Während auf amerikanische Produkte künftig gar keine Zölle mehr erhoben werden sollen, werden für EU-Exporte in die USA 15 Prozent fällig. Ist das eine Niederlage für die Europäische Union?
JULIAN HINZ: Es ist auf jeden Fall kein guter Deal für die EU. Die Kommission wollte offensichtlich eine weitere Eskalation des Handelskriegs verhindern und hat sich deshalb auf einen Deal eingelassen, der womöglich kurzfristig vorteilhafter wirkt angesichts der Zölle in Höhe von 30 Prozent, mit denen Trump ab dem 1. August gedroht hat - langfristig wird der Deal aber womöglich teurer als gedacht. (...)
WIWO: Hätte von der Leyen also stärker verhandeln müssen? Immerhin hat die EU mit ihren 450 Millionen Bürgerinnen und Bürgern den stärksten Binnenmarkt der Welt zu bieten.
JULIAN HINZ: Die EU hätte vor allem längst den Spieß umdrehen können. Trump spielt "Einer gegen alle" - die EU hätte daraus "Alle gegen einen" machen können.
WIWO: Wie soll das denn bitte gehen?
JULIAN HINZ: Die EU hätte sich längst mit anderen Wirtschaftsnation en wie Kanada, Mexiko, Brasilien und Südkorea über einen gemeinsamen Zollsatz gegen die USA verständigen können. Dann wäre mehr als 60 Prozent der amerikanischen Exporte von Gegenmaßnahmen betroffen gewesen, was das Kräfteverhältnis zumindest besser ausbalanciert hätte. (...)