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Schiffsdurchfahrten im Roten Meer – erneuter Einbruch nach leichter Stabilisierung

Gegenwärtig fahren täglich noch etwa 40 Containerschiffe durch das Rote Meer, im vergangenen Jahr waren es durchschnittlich deutlich über 100 Schiffe. Die aktuelle Schiffsmenge liegt nahe am Tiefpunkt von Mitte Januar, zwischenzeitlich hatte sie sich auf rund 50 Schiffe erholt. Damit ist der Einbruch des Schiffsverkehrs im Roten Meer seit den Angriffen der Huthi-Rebellen offenbar noch nicht gestoppt.

Die Folgen für die Häfen der Nordsee mildern sich aber ab. Zunächst hatte die abrupte Unterbrechung der üblichen Seeroute durch den Suezkanal für Verzögerungen bei den ankommenden Schiffen geführt, weil diese einen ungeplanten Umweg von rund 2 Wochen um das Kap der Guten Hoffnung vor Afrika nehmen mussten.

Im Dezember und Januar legten rund 25 Prozent weniger Schiffe in Hamburg, Bremerhaven, aber auch in den für Deutschland wichtigen Häfen Rotterdam und Antwerpen an. Im Februar hat sich die Lücke auf rund 15 Prozent geschlossen, Bremerhaven liegt sogar 2 Prozent im Plus. Referenz ist der Wochendurchschnitt des Jahres 2023.

Die Frachtraten für den Transport eines Standardcontainers von China nach Nordeuropa, dessen Weg bislang üblicherweise durch den Suezkanal führte, stabilisieren sich. Sie haben ihren Höhepunkt von knapp 6.000 US Dollar pro Standardcontainer von Mitte Januar hinter sich gelassen. Seitdem sinkt der Spotpreis kontinuierlich und liegt aktuell bei rund 4.500 US Dollar.

Der Umweg um das Kap der Guten Hoffnung, den viele Schiffe jetzt zur Umfahrung des Suezkanals nehmen, erhöht offenbar auch den Verkehr auf den Weltmeeren. Um weiterhin eine enge Hafentaktung zu gewährleisten, könnten Reedereien jetzt mehr Schiffe einsetzen. Die Anzahl an Containerschiffen, die täglich auf See unterwegs sind, stieg von Januar auf Februar leicht um 0,3 Prozent an und liegt aktuell bei rund 5450 Containerschiffen.

„Auch wenn die gesamtwirtschaftlichen Folgen überschaubar sind: Die abermalige Unterbrechung gewohnter Handelsrouten im Nadelöhr des Roten Meeres trifft auf eine sensibilisierte Stimmung für geoökonomische Risken und Abhängigkeiten“, so Julian Hinz, Forschungsdirektor und Leiter des Kiel Trade Indicators am IfW Kiel.

„Dabei sollte aber immer bedacht werden: Deutschland und Europa sind wirtschaftlich so wohlhabend, weil sie offene Volkswirtschaften sind, die vom Handel leben. Es muss also um Diversifizierung gehen, nicht um ein Abkapseln. All dies spricht für die Diversifizierung von Lieferketten und Handelspartnern, um Abhängigkeiten von einzelnen Zulieferern, Ländern, aber auch Handelsrouten zu reduzieren.“

Wir arbeiten momentan wir an einer Verbesserung des Kiel Trade Indicator Algorithmus. Während dieser Zeit finden die Updates unregelmäßig zu Beginn eines Monats statt und zeigen keine Werte für Importe und Exporte. Etwa ab Sommer veröffentlichen wir wieder in gewohnter Form, mit dann verbesserter Methodik.

Weiter Schaubilder und Informationen zum Kiel Trade Indicator finden Sie auf www.ifw-kiel.de/tradeindicator.


Über den Kiel Trade Indicator

Der Kiel Trade Indicator schätzt die Handelsflüsse (Im- und Exporte) von 75 Ländern und Regionen weltweit, sowie des Welthandels insgesamt. Im Einzelnen umfassen die Schätzungen über 50 Länder sowie Regionen wie die EU, Subsahara-Afrika, Nordafrika, den Mittleren Osten oder Schwellenländer Asiens. Grundlage ist die Auswertung von Schiffsbewegungsdaten in Echtzeit. Ein am IfW Kiel programmierter Algorithmus wertet diese unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz aus und übersetzt die Schiffsbewegungen in preis- und saisonbereinigte Wachstumswerte gegenüber dem Vormonat.

Die Auswertung erfolgt einmal im Monat um den 5. und liefert aktualisierte Handelszahlen für den vergangenen und den laufenden Monat.

An- und ablegende Schiffe werden dabei für 500 Häfen weltweit erfasst. Zusätzlich werden Schiffsbewegungen in 100 Seeregionen analysiert und die effektive Auslastung der Containerschiffe anhand des Tiefgangs gemessen. Mittels Länder-Hafen-Korrelationen können Prognosen erstellt werden, auch für Länder ohne eigenen Tiefseehafen.

Der Kiel Trade Indicator ist im Vergleich zu den bisherigen Frühindikatoren für den Handel deutlich früher verfügbar, deutlich umfassender, stützt sich mit Hilfe von Big Data auf eine bislang einzigartig große Datenbasis und weist einen im Vergleich geringen statistischen Fehler aus. Der Algorithmus des Kiel Trade Indikators lernt mit zunehmender Datenverfügbarkeit dazu (machine learning), so dass sich die Prognosegüte im Lauf der Zeit weiter erhöht.