Statement

Mindestlohn von 12 Euro: Risiken für Beschäftigung steigen, Armut sinkt kaum

„Die kräftige Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro wird voraussichtlich größere Folgen haben als seine Einführung 2015. Bei einem so hohen Mindestlohn steigt die Gefahr, dass es zum Abbau von Beschäftigung in den betroffenen Lohnbereichen kommt. Das gilt selbst dort, wo Arbeitgeber relativ großen Lohnsetzungsspielraum haben, also Arbeitnehmern gegenüber Marktmacht besitzen. Gleichzeitig wird der höhere Mindestlohn kaum zum Abbau von Armut oder sozialer Ungleichheit führen. Ein Mindestlohn kann den weitaus größten Teil der von Armut gefährdeten Personen nicht erreichen, das sind vor allem Rentner, Selbstständige, Arbeitslose oder Teilzeitbeschäftigte. Und nur ein relativ kleiner Teil der Niedriglohnbezieher lebt in Haushalten nahe der Armutsgrenze, deutlich mehr dagegen in Haushalten mit mittleren oder hohen Einkommen.

Die Einführung des Mindestlohns 2015 hat wissenschaftlichen Studien zufolge die Stundenlöhne zwar erhöht, die Zahl der Arbeitsstunden aber sinken lassen. Die Monatslöhne blieben unverändert. Auch deswegen blieb die Wirkung gegen Armut bzw. Einkommensungleichheit aus. Zu beobachten war zudem eine Verschiebung von Arbeitskräften zwischen Firmen. Die Hinweise auf Beschäftigungsverluste sind indes bedeutender, als sie zunächst aussehen. Denn erstens berücksichtigen die Studien bisher nur kurzfristige Effekte ein bis zwei Jahre nach Mindestlohneinführung; die langfristigen Effekte dürften größer ausfallen. Zweitens muss die Reduzierung der Arbeitszeit zu den Jobverlusten hinzugerechnet werden, um den gesamten Beschäftigungsverlust zu ermitteln. Und drittens wurde der Mindestlohn gerade in den ersten Jahren nach seiner Einführung Schätzungen zufolge offenbar vielfach nicht gezahlt. Werden all diese Faktoren berücksichtigt, liegen die geschätzten Beschäftigungsverluste im Bereich der zuvor abgegebenen Prognosen.

Das Versprechen eines deutlich höheren Mindestlohns klingt verlockend, arbeits- und sozialpolitisch dürfte die Steigerung aber ihre versprochene Wirkung verfehlen.“