News

IfW-Mittelfristprojektion: Hohe Energiepreise belasten Wachstumsaussichten bis 2027

energy plant, power grid

„Deutschland stehen magere Jahre bevor. Die Alterung der Gesellschaft drückt die Wachstumsaussichten empfindlich, weil künftig weniger Menschen arbeiten werden. Hinzu kommen nun infolge des Krieges in der Ukraine knapper und teurer gewordene Energierohstoffe, die in vielen Produktionsprozessen eine wichtige Rolle spielen. Dies schmälert Deutschlands Wirtschaftskraft obendrein“, sagt der Konjunkturchef und Vizepräsident des IfW Kiel, Stefan Kooths, anlässlich der heute erschienenen Mittelfristprojektion des Kiel Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel) („Energieknappheit lastet auf Produktionspotenzial“).

Demnach dürfte die bei normaler Auslastung der Produktionskapazitäten mögliche Zunahme der Wirtschaftsleistung Ende 2027 nur noch knapp 0,7 Prozent betragen. Im langjährigen Durchschnitt lag sie vor der Corona-Krise bei 1,3 Prozent. Auf dem Arbeitsmarkt dürfte 2023 der Zenit bei der Beschäftigung mit 45,6 Millionen Beschäftigten erreicht werden. Fortan scheiden mehr Personen aus dem Erwerbsleben aus, als neue hinzukommen. Im Schnitt verliert der deutsche Arbeitsmarkt 130.000 Erwerbspersonen pro Jahr.

Eine höhere Zuwanderung und eine höhere Partizipationsrate am Arbeitsmarkt – etwa über bessere Kinderbetreuung oder flexiblere Arbeitszeitmodelle – können den Effekt zwar dämpfen, ihn aber nicht aufhalten.

Infolge der sich verschärfenden Arbeitskräfteknappheiten dürften die Löhne kräftig steigen. Laut Projektion steigen die Effektivlöhne (also Löhne inklusive Zusatzleistungen wie etwa Boni) um knapp 4 Prozent pro Jahr. Der effektive Stundenlohn läge dann 2027 im Durchschnitt bei knapp 38 Euro, gegenwärtig liegt er bei gut 30 Euro.

Die deutsche Wirtschaft operiert bereits seit 2020 unterhalb ihrer Möglichkeiten, dies dürfte noch bis 2025 andauern. So eine lange Phase der Unterauslastung gab es noch nie im wiedervereinigten Deutschland. Insgesamt dürfte das Bruttoinlandsprodukt in diesem Zeitraum rund 300 Mrd. Euro niedriger liegen, als es bei normaler Auslastung der Produktionsfaktoren möglich wäre.

Ohne die sprunghaft gestiegenen Gas- und Strompreise wären die gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten in diesem Jahr vermutlich wieder in etwa normal ausgelastet worden.

„Schwindet das Wachstum, schwindet die Quelle für Wohlstandszuwächse, und die ökonomischen Verteilungskonflikte nehmen zu. Die Sozialkassen müssen mit weniger Einnahmen höhere Ausgaben stemmen, das gilt insbesondere für die Rentenkasse. Hierauf bleibt die Regierung bislang eine schlüssige Antwort schuldig, und es fehlt eine klare Kommunikation, die die Menschen auf die bevorstehende Wachstumsschwäche vorbereitet“, so Kooths.