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Kiel Trade Indicator: Aussichten für Handel trüben sich ein, Staus drohen sich zu verschärfen

Chinas Handel verharrt auf dem Niveau vom Frühjahr. Der Kiel Trade Indicator signalisiert für die Exporte im Monat Oktober ein Minus von 4,9 Prozent im Vergleich zum Vormonat (nominal, saisonbereinigt) und für die Importe ein Plus von 2,7 Prozent.

Der Handel der USA ist seit dem Frühjahr leicht rückläufig. Für die Exporte im Oktober weist der Kiel Trade Indicator ein Minus von 1,8 Prozent aus, für die Importe ein sehr leichtes Plus von 0,4 Prozent.

Deutschlands Importe brachen im Sommer deutlich ein und konnten sich seitdem noch nicht wieder erholen, hier signalisiert der Kiel Trade Indicator mit +0,2 Prozent im Oktober eine schwarze Null. Für die Exporte ist ein Minus von 1,2 Prozent zu erwarten. Für die EU zeigt der Trade Indicator einen Rückgang bei Exporten (-1,3 Prozent) und Importen (-1,1 Prozent) an.

Der Welthandel dürfte im Oktober leicht zurückgehen (-0,6 Prozent).

„Dem globalen Handel fehlt ein positiver Impuls, der ihn nach vorne bringt. Er verharrt derzeit auf dem Niveau vor Ausbruch der Corona-Krise und stagniert nun schon ungewöhnlich lange“, sagt Vincent Stamer, Leiter Kiel Trade Indicator. „Der Blick auf die Staus von Containerschiffen trübt die Hoffnung auf einen zeitnahen Zuwachs. Erstmals stauen sich die Frachter nun vor den großen Seehäfen Chinas und den USA gleichzeitig in besorgniserregendem Ausmaß.“

Während der Stau vor dem chinesischen Hafen Ningbo-Zhoushan etwas zurückgeht, seit wieder alle Terminals in Betrieb sind, hat sich der Andrang von Containerschiffen im Perlflussdelta verschärft. Vor den Häfen der USA nehmen die Staus von Containerschiffen deutlich zu. Vor Los Angeles und Long Beach stecken fast drei Prozent der weltweiten Frachtkapazität fest, vor Savannah über zwei Prozent.

Weltweit sind rund 9 Prozent der Frachtkapazität durch Containerstaus gebunden, auch durch leere Containerschiffe, die auf Beladung warten. Über 3 Prozent aller verschifften Waren auf dem Seeweg stecken in wartenden Schiffen fest. Das Frachtvolumen im Roten Meer – der wichtigsten See-Handelsroute zwischen China und Europa – liegt gegenwärtig etwa 10 Prozent niedriger, als unter normalen Umständen zu erwarten wäre.

Stamer: „Als Reaktion auf eine gestiegene Nachfrage und Lieferengpässe ordern viele große Einzelhändler und produzierende Unternehmen derzeit Waren auf Vorrat, was die begrenzten Kapazitäten im Transportnetzwerk zusätzlich bindet. Anzeichen für eine Normalisierung dürften sich erst nach dem chinesischen Neujahrsfest im ersten Halbjahr 2022 zeigen, frühestens ab Sommer könnte sich die Lage auf breiter Front entspannen. Für Weihnachten ist von einer eingeschränkten Produktauswahl und gerade bei elektronischen Produkten von höheren Preisen auszugehen.“

Weitere Informationen zum Kiel Trade Indicator und einzelne Prognosen für 75 Länder finden Sie hier.

Die nächsten Aktualisierungen des Kiel Trade Indicator erfolgen am 4. November (ohne Pressemeldung) und am 22. November (mit Pressemeldung).

Über den Kiel Trade Indicator

Der Kiel Trade Indicator schätzt die Handelsflüsse (Im- und Exporte) für 75 Länder weltweit, die EU sowie des Welthandels insgesamt. Grundlage ist die Auswertung von Schiffsbewegungsdaten in Echtzeit. Ein am IfW Kiel programmierter Algorithmus wertet diese unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz aus und übersetzt die Schiffsbewegungen in nominale, saisonbereinigte Wachstumswerte gegenüber dem Vormonat.

Die Auswertung erfolgt zweimal im Monat. Um den 20. (mit Pressemeldung) für den laufenden und den folgenden Monat und um den 3. (ohne Pressemeldung) für den vergangenen und den laufenden Monat.

An- und ablegende Schiffe werden dabei für 500 Häfen weltweit erfasst. Zusätzlich werden Schiffsbewegungen in 100 Seeregionen analysiert und die effektive Auslastung der Containerschiffe anhand des Tiefgangs gemessen. Mittels Länder-Hafen-Korrelationen können Prognosen erstellt werden, auch für Länder ohne eigenen Tiefseehafen.

Der Kiel Trade Indicator ist im Vergleich zu den bisherigen Frühindikatoren für den Handel deutlich früher verfügbar, deutlich umfassender, stützt sich mit Hilfe von Big Data auf eine bislang einzigartig große Datenbasis und weist einen im Vergleich geringen statistischen Fehler aus. Der Algorithmus des Kiel Trade Indikators lernt mit zunehmender Datenverfügbarkeit dazu (machine learning), so dass sich die Prognosegüte im Lauf der Zeit weiter erhöht.