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Wie Klimaschutz in Deutschland und Europa gelingen kann

Das Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel) schlägt vor, die bisher nicht im europäischen Emissionshandel erfassten CO2-Emissionen, etwa in den Bereichen Verkehr und Gebäude, in einem neuen, zusätzlichen Emissionshandelssystem zusammenzufassen, das von Deutschland und anderen willigen Ländern betrieben wird. Dieses zweite System sollte mittelfristig auf alle EU-Staaten ausgedehnt werden. Schließlich sollten beide Emissionshandelssysteme, das bisherige und das neue, fusionieren.

„Dieses dreistufige Verfahren ist ein realistischer Weg, langfristig alle Sektoren und Treibhausgase Europas über den Emissionshandel zu erfassen, weil es eine schrittweise Angleichung der CO2-Vermeidungskosten der verschiedenen Sektoren erlaubt und dadurch einen sprunghaften Anstieg der Zertifikatpreise verhindert. Gleichzeitig berücksichtigt es europarechtliche Einschränkungen“, sagte Gabriel Felbermayr, Präsident des IfW Kiel und Mitautor des Papiers „Für ein duales System der CO2-Bepreisung in Deutschland und Europa“, das heute in der Schriftenreihe Kiel Focus erschienen ist. Nur so könnten die Klimaziele von Paris – den Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich unter 2 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu halten sowie Anstrengungen zu unternehmen, den Temperaturanstieg auf 1,5°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen – erreicht werden.

Importe der heimischen CO2-Bepreisung unterwerfen

Die Erlöse der Versteigerung der CO2-Emissionsrechte sollten in Deutschland zur Abschaffung der Stromsteuer und zur Absenkung der EEG-Umlage verwendet werden, so die Autoren. Ein Teil der Erlöse sollte für die Auszahlung eines pauschalen Energiegeldes pro Kopf verwendet werden. Damit werde die soziale Verträglichkeit des Systems sichergestellt.

Langfristig sei außerdem ein Grenzausgleichssystem nötig, das den CO2-Gehalt der Exporte von der heimischen CO2-Bepreisung ausnimmt, jenen der Importe aber der heimischen CO2-Bepreisung unterwirft. Andernfalls drohten Wettbewerbsnachteile für heimische Produzenten, die dann ins Ausland abwandern könnten, ebenso drohe sonst die Substitution von heimischen, der CO2-Bepreisung unterworfenen Produkte, durch ausländische, nicht der CO2-Bepreisung unterworfene Importe. Beides würde den heimischen Klimaschutz konterkarieren.

Voraussetzung für ein Grenzausgleichssystem sei die genaue Feststellung des CO2-Gehaltes von Importen und Exporten. Dies könnte durch einen Mechanismus erreicht werden, der Importeuren und Exporteuren Anreize gibt, den tatsächlichen CO2-Gehalt ihrer Produkte offenzulegen, um dadurch Kosten zu sparen.

Klimapolitik in Deutschland ineffizient und teuer

Deutschlands bisherige Klimapolitik bezeichnen die Autoren als ineffizient und unnötig teuer, weil ein Nebeneinander verschiedener Instrumente existiert, welche unterschiedliche CO2-Preise implizieren. So ist die Energiewende mit sehr hohen Kosten verbunden, und der Strompreis in Deutschland gehört zu den höchsten in der OECD, sowohl im privaten als auch im industriellen Bereich. Ergreift Deutschland nicht weitere Maßnahmen, wird es seine Klimaverpflichtungen gegenüber der EU nicht einhalten können, so die Autoren.

„Um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens auch nur annähernd zu erreichen, bedarf es erheblicher globaler Anstrengungen. Europa und insbesondere Deutschland sind hier besonders gefordert: Einerseits wegen der historischen Verantwortung – die kumulierten CO2-Emissionen der EU sind immer noch höher als die kumulierten CO2-Emissionen von China und Indien zusammen – und andererseits wegen der technologischen und finanziellen Herausforderungen, die Chance und Bedrohung zugleich sind“, sagte Felbermayr.