Statement

Steuerschätzung: „Bund sollte Ziel der schwarzen Null aufgeben“

Prof. Dr. Jens Boysen-Hogrefe, stv. Leiter IfW-Prognosezentrum, Mitglied im Arbeitskreis Steuerschätzungen:

"Trotz der schlechteren Konjunkturaussichten hat die jüngste Steuerschätzung die Ergebnisse vom Mai im Großen und Ganzen bestätigt. Während die Einnahmen im laufenden Jahr sogar etwas höher ausfallen, als noch im Mai erwartet, zeichnet sich ein leicht schwächerer Anstieg der Steuereinnahmen in den folgenden Jahren ab. Die Rezession in der Industrie schlägt aber nicht voll auf die öffentlichen Haushalte durch, da der Arbeitsmarkt weiter robust ist.

Für den Bund bedeutet dies, dass er vermutlich im laufenden Jahr die bestehenden Rücklagen für den Haushaltsausgleich weiterhin nicht antasten wird, sondern er diese wohl abermals wird aufstocken können. Allerdings sprechen die Ergebnisse der Steuerschätzung auch dafür, dass in den folgenden Jahren angesichts der bestehenden Pläne für Ausgabenerhöhungen und Steuersenkungen in den beiden kommenden Jahren die „schwarze Null“ nur durch einen Abbau der Rücklagen erreicht werden kann, wie ihn der Bund bereits eingeplant hat.

Auch wenn die diesmalige Steuerschätzung angesichts der Konjunkturnachrichten der vergangenen Monate eher positiv überrascht, ist es keine ausgeprägte Aufwärtsrevision. Am Ausblick, dass die „schwarze Null“ in der mittleren Frist nur durch Konsolidierungsmaßnahmen erhalten bleiben kann, hat sich nichts geändert. Um eine Verstetigung der Finanzpolitik zu erreichen und insbesondere zukünftigen konjunkturellen Risiken besser begegnen zu können, sollte der Bund das Ziel der „schwarzen Null“ aufgeben und die Finanzpolitik an den Vorgaben der Schuldenbremse, die konjunkturelle Ausschläge zumindest teilweise berücksichtigt, ausrichten. Dies würde es ermöglichen, die künftigen Haushalte regelkonform ohne einen Griff in die Rücklagen aufzustellen."