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IfW-Konjunkturprognose: Dämpfer für Deutschland nur temporär

Slowdown in Germany only temporary / Dämpfer für Deutsche Konjunktur nur temporär

Trotz einer Revision der aktuellen Prognose für die Zuwachsrate des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für 2018 sehen die Konjunkturforscher des Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) die deutsche Wirtschaft weiterhin in der Hochkonjunktur. „Die jüngste konjunkturelle Delle markiert noch nicht den Beginn des Abschwungs. Der Boom ist noch nicht ausgereizt, auch wenn das Ende näher rückt“, sagte Stefan Kooths, Leiter des Prognosezentrums am IfW Kiel.

Zum Jahresbeginn haben sich insbesondere die Unternehmenserwartungen eingetrübt und die Auftragseingänge in der Industrie sowie die Exporte gingen deutlich zurück. Als Ursache sehen die IfW-Experten aber nicht alleine drohende und tatsächlich verhängte Strafzölle durch die USA, China und die EU. Auch die Grippewelle, viele Streiktage und eine hohe Anzahl an Ferientagen bremsten die wirtschaftliche Dynamik.

Für das laufende Jahr revidieren die Konjunkturforscher ihre Prognose für die Zuwachsrate des BIP von 2,5 Prozent auf 2 Prozent nach unten. Für 2019 rechnen sie weiterhin mit einem BIP-Zuwachs von 2,3 Prozent. Insbesondere die hohen Einkommenszuwächse der privaten Haushalte und die Bauwirtschaft sorgen demnach für konjunkturelle Dynamik.

„Die ruhigere Gangart der deutschen Wirtschaft im ersten Halbjahr gleicht einem Luftloch im konjunkturellen Höhenflug. Die Wirtschaftsleistung dürfte ab Mitte des Jahres vor allem aufgrund der starken Binnenkräfte und einer robusten Weltkonjunktur wieder beschleunigt anziehen. Damit rückt mehr und mehr die Frage ins Zentrum, wann die Produktionskapazitäten der deutschen Wirtschaft so überspannt sind, dass der Aufschwung Risse bekommt“, sagte Kooths.

Binnenwirtschaft treibt Konjunktur

Neben der anhaltend guten Lage am Arbeitsmarkt im laufenden und vor allem im kommenden Jahr sorgen die Abgabensenkungen und Leistungsausweitungen durch die Bundesregierung für hohe Einkommenszuwächse der privaten Haushalte. Dazu zählen die Mütterrente II, das Baukindergeld sowie diverse Investitions- und Förderprogramme in den Bereichen Infrastruktur, Bildung oder Arbeitsmarkt.

Die Experten rechnen damit, dass die privaten Konsumausgaben im laufenden Jahr mit 1,6 Prozent und im kommenden Jahr mit starken 2,5 Prozent zulegen, einer der höchsten Werte seit der Wiedervereinigung. Die Arbeitslosenquote dürfte in diesem Jahr auf 5,2 Prozent, im nächsten Jahr auf 4,9 Prozent sinken, nach 5,7 Prozent im vergangenen Jahr.

Bauunternehmen dürften ihre Kapazitäten aufgrund der anhaltend günstigen Geschäftsaussichten nach und nach ausweiten. Vor allem der Wohnungsbau dürfte dann dank steigender privater Einkommen und nach wie vor niedriger Zinsen stark zulegen, mit rund 4,5 Prozent in diesem und im nächsten Jahr.

„Insbesondere im Bausektor sind die Überhitzungserscheinungen der deutschen Wirtschaft deutlich sichtbar. Es herrscht akute Personalknappheit und die Preise steigen kräftig“, sagte Kooths. Insgesamt ist für Deutschland aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Überauslastung der Produk­tionskapazitäten für 2018 und 2019 mit Inflationsraten von etwa 2 Prozent zu rechnen.

Die Unternehmensinvestitionen werden voraussichtlich ihr vergleichsweise moderates Expansionstempo beibehalten, auch weil ein hohes Maß an Unsicherheit durch das internationale Umfeld für Zurückhaltung sorgt.

Exporte legen wieder zu

Nach einem deutlichen Rückgang der Ausfuhren zum Jahresbeginn, insbesondere in die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich, wo die Aufwertung des Euro dämpfend gewirkt haben dürfte, rechnen die IfW-Forscher wieder mit einer spürbaren Zunahme der Exporte. Dank einer robusten Konjunktur in den Absatzmärkten und einem schwächeren Außenwert des Euro ist mit einer Zunahme der Exporte von 3,4 Prozent im laufenden Jahr und 4,9 Prozent im kommenden Jahr zu rechnen.

Der Überschuss in den öffentlichen Kassen dürfte leicht zurückgehen. Zwar kann sich die Bundesregierung auf einen neuen Rekordüberschuss freuen – die Konjunktur sorgt weiterhin für sprudelnde Einnahmen bei Sozialabgaben und Lohnsteuer. Noch stärker als die Einnahmen steigen allerdings die Ausgaben, insbesondere für Rentenzahlungen, wo eine allgemeine Rentenerhöhung, der Ausgleich zwischen Ost- und West-Renten, die Einführung von Mütterrente und Grundrente sowie verbesserte Leistungen der Erwerbsminderungsrente geplant sind.

Erhebliche geopolitische Risiken können Konjunktur belasten

„Die aktuelle konjunkturelle Lage ist allerdings erheblichen Risiken und Unsicherheiten unterworfen. Von der Außenhandels- und Sicherheitspolitik der Vereinigten Staaten sowie von Unwägbarkeiten in der Europäischen Union gehen weiterhin erhebliche politische Risiken aus, welche die konjunkturelle Dynamik deutlich einbremsen können“, sagte Kooths.

„Spürbare Zölle auf die Einfuhr von Autos und Autoteilen in die Vereinigten Staaten hätten aufgrund der hohen Bedeutung dieser Exporte für die Wirtschaft in einer Reihe von Ländern das Potenzial für beträchtliche negative Wirkungen auf die Produktion. Neben Mexiko und Kanada wären insbesondere Südkorea, Japan und Deutschland betroffen. Zudem haben sich die politischen Unsicherheiten im Euroraum erhöht, wozu insbesondere der Regierungswechsel in Italien beigetragen hat. Schließlich besteht weiter die Gefahr, dass es im Zuge der anstehenden Normalisierung der Geldpolitik zu einer plötzlichen Verunsicherung an den Kapitalmärkten kommt, die insbesondere Schwellenländer vor Probleme stellen könnte.“

Weltwirtschaft: positiver Ausblick trotz erheblicher Risiken

Nach einem verhaltenen Jahresstart für die Weltkonjunktur ist in den kommenden Monaten wieder mit einem kräftigeren Produktionsanstieg zu rechnen. Für 2018 und 2019 reduzieren die Konjunkturforscher des IfW ihre Prognose für den Anstieg der Weltproduktion um jeweils 0,2 Prozentpunkte auf 3,8 Prozent im laufenden und 3,6 Prozent im kommenden Jahr. Dabei ist mit einem spürbaren Anstieg der Kerninflation zu rechnen.