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Wie Globalisierung und Digitalisierung die Bundestagswahl beeinflussen

Die weltweite Vernetzung on- und offline hat einen deutlichen Einfluss auf das Wahlverhalten in Deutschland. Die heimische Politik trägt dem aber nur unzureichend Rechnung. Die Politik sollte Globalisierungsverlierern neue Perspektiven bieten und die Potenziale des Internets zur Mobilisierung von Wählern besser nutzen, ansonsten profitieren vor allem rechts-nationale Parteien von Globalisie­rung und Digitalisierung. Zu diesem Schluss kommt Robert Gold, Forscher am Institut für Weltwirt­schaft in Kiel (IfW). Gold hat in einer Reihe von Studien den Einfluss von Globalisierung und Digitalisie­rung auf das Wahlverhalten untersucht und seine Ergebnisse und Empfehlungen für die deutsche Politik nun in einem aktuellen Beitrag für die Schriftenreihe Kiel Fokus zusammengefasst.

„Politikerinnen und Politiker vor allem der etablierten Parteien sollten stärkere Präsenz in den sozialen Medien zeigen, um dem Abdriften gewisser Bevölkerungsteile in Online-Parallelwelten entgegenzuwir­ken“, so Gold. Neue Studien deuten darauf hin, dass Wähler über soziale Netzwerke mobilisiert werden können, die politische Teilhabe der Bevölkerung und die Wahlbeteiligung damit also gestei­gert werden kann. Dieses Potenzial nutzen derzeit aber vor allem die Vertreter radikaler Ansichten.

Beppe Grillos „5-Sterne“-Bewegung etwa habe mit einer intensiven Social-Media-Kampagne ihre Wäh­ler mobilisieren können. In den USA waren soziale Medien der wichtigste Kanal zur Verbreitung von Fehlinformationen, so genannter „fake news“, welche dem Wahlgewinner Trump deutlich mehr ge­nutzt hätten als seiner Herausforderin. „Deutsche Politikerinnen und Politiker lassen die Chance, über das Internet in direkten Kontakt zu Wählerinnen und Wählern zu treten und damit auch verlorene Reputation zurückzugewinnen in weiten Teilen ungenutzt“, so Gold.

Globalisierungsverlierer wählen rechts

Verglichen mit anderen westlichen Ländern sei das Erfolgspotenzial nationalistischer Parteien in Deutschland bei der anstehenden Bundestagswahl aber geringer. Denn einer Studie Golds zufolge steht der Stimmanteil rechts-nationalistischer Parteien in direktem Zusammenhang mit den Auswir­kungen der Globalisierung. Regionen, in denen durch neue Absatzpotenziale auf den Weltmärkten zusätzliche Arbeitsplätze entstehen, verzeichneten Stimmverluste für rechtsradikale Parteien. Regio­nen, die durch die Globalisierung Arbeitsplätze verlieren, verzeichneten dagegen Stimmzuwächse. „Die deutsche Volkswirtschaft profitiert in besonderem Maße von den Exportmöglichkeiten, die der Welthandel bietet. Ohne die Globalisierung wären am Sonntag mehr Stimmen für nationalistische Parteien zu erwarten“, so Gold.

Die ‚Verlierer der Globalisierung‘ seien hinter dem Ausgang der letzten Präsidentenwahlen in den USA zu vermuten, auch der Erfolg des französischen Front National beruhe auf ihnen. „In Deutschland besteht demgegenüber die Gefahr, dass sich etablierte Parteien vom Freihandel abwenden, um sich globalisierungskritische Wählerpotenziale zu erschließen“, so Gold. „Wenn es nicht gelingt, den Verlie­rern von Globalisierung und Digitalisierung neue Perspektiven zu bieten, besteht die Gefahr, dass einer gesamtgesellschaftlich positiven Entwicklung die politische Unterstützung entzogen wird.“