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Migration steuern und nutzen

Aufgrund der restriktiven EU-Einreiseregelungen ist es für Nicht-EU-Bürger ohne Hochschulabschluss kaum möglich, legal in ein europäisches Land einzuwandern, um dort zu arbeiten. So kommen immer weniger Menschen legal als Arbeitskräfte in die EU. Gleichzeitig steigt jedoch die Zahl der irregulären Migranten.

Irreguläre Migration ist nicht nur für die Migranten lebensgefährlich, sie kann zudem das organisierte Verbrechen in den Herkunfts- und Zielländern stärken und Sozial- und Arbeitsstandards untergraben. Deshalb ist es notwendig, mehr legale Wege für Arbeitsmigration zu schaffen.

EU-Mitgliedstaaten sollten insbesondere legale Arbeitsmöglichkeiten für solche Nicht-EU-Bürger – auch aus Entwicklungsländern – ausweiten, die zwar nicht über einen Hochschulabschluss verfügen, sich aber die erforderlichen Sprachkenntnisse und Berufsqualifikationen aneignen. Die berufliche Qualifizierung mit Blick auf die Nachfrage nach Arbeitskräften und den Fachkräftemangel in Herkunfts- und Zielländern ist von entscheidender Bedeutung. „Ziel- und Herkunftsländer sollten sich dazu ver­pflichten, bei der Erstellung von gegenseitig anerkannten Standards und Lehrplänen für die Ausbildung in einer Vielzahl von Berufen noch enger zusammenzuarbeiten“, so Matthias Lücke.

Vier Herausforderungen müssten in diesem Zusammenhang angegangen werden:

  • Ausbildungsstandards und Lehrpläne sollten auf die Anforderungen der Arbeitsmärkte sowohl in den Zielländern als auch in den Herkunftsländern abgestimmt werden, damit auch die Herkunfts­länder von besser ausgebildeten Arbeitskräften profitieren;
  • durch eine verstärkte Modularisierung der Berufsausbildung können die hohen formalen Anforde­rungen an viele Berufsabschlüsse etwa in Deutschland so aufgegliedert werden, dass wesentliche Fähigkeiten international vergleichbarer nachgewiesen werden können und so viele Arbeitsplätze zufriedenstellend besetzt werden können;
  • die regionale Zusammenarbeit sollte vor allem innerhalb der EU über die oftmals bestehende bila­terale Zusammenarbeit hinaus erweitert werden;
  • und schließlich sollte die Erteilung von Visa für die Zwecke der beruflichen Qualifikation, der Zertifi­zierung und Arbeitssuche erleichtert werden. Normalerweise funktioniert all dies nicht ohne direkten persönlichen Kontakt mit Behörden und potenziellen Arbeitgebern.

Die Schaffung legaler Migrationswege würde auch helfen, mit den Regierungen und Bevölkerungen der Herkunftsländer irregulärer Migranten – vor allem in Afrika – in einen konstruktiven Dialog zu treten. Die Regierungen werden eher bereit sein, ihre Staatsbürgerinnen und Staatsbürger nach einem abgelehnten Asylantrag in der EU zurückzunehmen, wenn legale Arbeitsmigration eine realistische Alternative darstellt. Dann würde sich irreguläre Migration immer weniger lohnen.

Migration wird noch lange ein bestimmendes Thema in Europa sein. Wir können sie so steuern, dass nicht nur die Migranten, sondern auch die Zurückgebliebenen und die Aufnahmeländer davon profi­tie­ren. Nicht nur in Deutschland hätten gut qualifizierte Arbeitskräfte aus Drittländern in vielen Berufen gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt, ohne dabei einheimische Arbeitskräfte zu verdrängen.

Weitere Informationen:
"Building blocks for reforming the EU asylum and migration regime: Closing the back door while opening the front door." Kapitel 2.3 des 2017 MEDAM Assessment Report on Asylum and Migration Policies in Europe
"To reduce irregular migration, destination countries should commit to creating more regular migration opportunities." Schriftliche Stellungnahme zum Vorbereitungsprozess des Global Compact for Migration der Vereinten Nationen.
"To facilitate regular migration by workers with vocational skills, UN member states should cooperate to establish mutually recognized standards and curricula for vocational education and provide vocational training." Schriftliche Stellungnahme zum Vorbereitungsprozess des Global Compact for Migration der Vereinten Nationen.