Wirtschaftspolitischer Beitrag

China: Partner, Wettbewerber, systemischer Rivale – was sagen die Wahlprogramme?

Autoren

  • Frank Bickenbach
  • Wan-Hsin Liu
Erscheinungsdatum

In ihrer Amtszeit als Bundeskanzlerin hat Angela Merkel die deutsche und auch die europäische Politik gegenüber China maßgeblich geprägt.

Chinas wirtschaftlicher Einfluss auf die Welt ist in den letzten Jahrzehnten massiv angestiegen. China ist heute – nach den Vereinigten Staaten – die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und seine Wirtschafts­leistung wächst weiterhin deutlich schneller als die der Vereinigten Staaten oder die der großen europäischen Volkswirtschaften. Seit mehr als einem Jahrzehnt ist China zudem „Exportweltmeister“, und baut seine führende Position im globalen Warenhandel seitdem noch weiter aus. Sowohl für Deutschland als auch für die Europäische Union insgesamt ist China gemessen an der Summe der jährlichen Warenimporte und -exporte der wichtigste Handelspartner. Zu den Schattenseiten des chinesischen Wirtschaftswachstums gehört, dass China mittlerweile aber auch der mit Abstand größte Emittent fossiler CO2-Emmisionen ist.

Mit dem wirtschaftlichen Aufstieg Chinas sind auch sein globaler politischer Einfluss und sein geopoli­tischer Gestaltungswille und Machtanspruch stetig gewachsen. Wichtige globale Herausforderungen – Klimawandel, Pandemiebekämpfung, Friedenssicherung, globale Armutsbekämpfung, Wiederbelebung der Weltwirtschaft nach der Corona Pandemie – sind heute nicht mehr ohne positive Beiträge Chinas zu bewältigen. Durch seine aktive Beteiligung an wichtigen globalen Initiativen – etwa dem Pariser Klimaabkommen und dem G20-Prozess – sowie bedeutende eigene Initiativen – der Belt-and-Road Initiative (Seidenstraßeninitiative), der 17+1-Kooperation zwischen China und mittel- und osteuropäischen Ländern, der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) – hat China seinen Willen, internationale Verantwortung zu übernehmen und Einfluss auszuüben, eindrücklich bewiesen. Angesichts der unterschiedlichen wirtschaftlichen und politischen Systeme, Wertvorstellungen und Interessen kommt es dabei zunehmend zu grundsätzlichen Konflikten zwischen China auf der einen und der EU, den Vereinigten Staaten und anderen gleichgesinnten Demokratien auf der anderen Seite.

China ist Kooperations- und Verhandlungspartner, wirtschaftlicher Konkurrent und systemsicher Rivale

Mit dem rapiden wirtschaftlichen und politischen Aufstieg Chinas sind gleichzeitig sowohl die Notwen­digkeit zur Kooperation als auch das Konfliktpotenzial zwischen der EU und China gestiegen. Die Europäische Kommission und die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik haben in ihrem Strategiepapier "EU-China Strategische Perspektiven" schon 2019 deutlich gemacht, dass China für Europa (in jeweils verschiedenen Politikbereichen) zugleich ein Kooperations- und Verhandlungspartner, ein wirtschaftlicher Konkurrent, und ein systemischer Rivale ist.

In den Wahlprogrammen von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP wird dieses Spannungsverhältnis explizit benannt und als Ausgangspunkt für unterschiedliche Forderungen an eine zukünftige europäische China-Strategie genommen. In den Wahlprogrammen der beiden anderen derzeit im Bundestag vertretenen Parteien, der AfD und der LINKEN, finden sich jeweils nur ganz wenige, vereinzelte Aussagen zur angestrebten Politik gegenüber China. Auf sie wird im Folgenden nicht weiter eingegangen.

China als Kooperationspartner

Über die generelle Notwendigkeit und Bereitschaft mit China zu kooperieren hinaus machen CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne in ihren Wahlprogrammen nur vereinzelt explizite Aussagen darüber, bei welchen konkreten Themen bzw. globalen Herausforderungen sie mit China kooperieren wollen. Die Grünen streben eine Kooperation insbesondere in der Klimapolitik an. SPD und FDP sprechen sich dafür aus, China in Verhandlungen zur (atomaren) Rüstungskontrolle stärker als bisher einzubeziehen. CDU/CSU machen in ihrem Wahlprogramm keine Aussagen über konkrete Kooperationsfelder.

China als Handelspartner

Von besonderer Bedeutung für das Verhältnis zu China ist die weitere Entwicklung der gegenseitigen Handels- und Investitionsbeziehungen. Alle betrachteten Parteien betonen in ihren Wahlprogrammen die grundsätzliche Bedeutung offener Märkte und eines freien und fairen internationalen Handels für den Wohlstand in Deutschland und Europa. Sie wollen sich für eine regelbasierte multilaterale Handels­ordnung und eine Stärkung und Reform der Welthandels­organisation (WTO) einsetzen – Ziele die ohne eine Zusammenarbeit mit China kaum zu erreichen sind.

CDU/CSU, SPD und Grüne wollen die Handelspolitik in Zukunft auch dazu nutzen, auf höhere Umwelt- und Sozialstandards (Arbeitnehmerrechte) sowie Menschenrechtsstandards (SPD, Grüne) bei den Handelspartnern hinzuwirken. Dies dürfte insbesondere auch, aber keineswegs ausschließlich, auf China zielen. SPD und Grüne fordern, dass hierfür zukünftig alle Handelsverträge der EU entsprechende Standards verbindlich und durchsetzbar festschreiben sollen. Zur Verbreitung entsprechender Standards sowie zur Förderung fairer Wettbewerbsbedingungen soll auch eine einheitliche europäische Regelung zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten von Unternehmen in der Lieferkette beitragen, die von allen Parteien – in der einen oder anderen Form – gefordert wird. Dabei sprechen sich CDU/CSU für eine europaweite Regelung aus, die die Standards des deutschen Lieferkettensorgfaltsgesetzes ohne weitere Verschärfung übernimmt. Der FDP geht dies bereits zu weit, der SPD und den Grünen nicht weit genug. Die Grünen fordern in diesem Zusammenhang, dass Waren, deren Herstellung mit schweren Menschenrechtsverletzungen (z.B. Zwangsarbeit) im Zusammenhang steht, der Zugang zum EU-Binnenmarkt ganz verwehrt werden solle und nennen hierbei explizit Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Region Xinjiang als Beispiel. Dies macht deutlich, dass das Thema menschenrechtliche Sorgfaltspflichten erhebliches Konfliktpotential für das deutsch-/europäisch-chinesische Verhältnis birgt.

Die Grünen wollen die Handelsbeziehungen mit China dazu nutzen, „fairen Marktzugang für ausländische Investitionen, Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen einzufordern“ und erwarten, „dass China die entscheidenden Kernnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ratifiziert und jede Form von Zwangsarbeit beendet“. Das zwischen der EU und China mit maßgeblicher Unterstützung der Bundesregierung ausgehandelte umfassende EU-China-Investitionsabkommen (CAI), das durchaus beachtliche Fortschritte in den genannten Bereichen verspricht, lehnen die Grünen „in seiner jetzigen Form“ allerdings ab. Auch die FDP, die Handelsverträgen und Investitionsabkommen der EU im Allgemeinen sehr positiv gegenübersteht, lehnt die Ratifizierung des ausgehandelten Abkommens ab. Die Einigung sei lediglich „ein erster Schritt“; da „viele wichtige Rechtsfragen“ noch nicht ab­schließend geregelt seien, bestehe noch „in hohem Maße Ergänzungsbedarf“. Die derzeitigen Regierungsparteien CDU/CSU und SPD äußern sich in ihren Wahlprogrammen nicht zur Frage der Ratifizierung des Abkommens.

Mit dem Ziel Verzerrungen im internationalen Handel und Wettbewerb abzubauen und „legitime Sicherheitsinteressen zu schützen“ (die Grünen) formulieren CDU/CSU, FDP und Grüne eine Reihe von Grundsätzen und Reformforderungen für die europäische Handels-, Außenwirtschafts- und Wettbewerbspolitik. Auch wenn China in diesem Zusammenhang von den Parteien nicht explizit genannt wird, dürften hier vor allem China und chinesische Unternehmen angesprochen und in der Praxis betroffen sein. Sowohl CDU/CSU als auch FDP sprechen sich dafür aus, dass Unternehmen aus einem Drittland nur dann Zugang zum europäischen Markt erhalten sollten, wenn dies auch umgekehrt der Fall ist (Reziprozität). Marktverzerrungen durch stark subventionierte Staatsunternehmen und Behinderungen des fairen Wettbewerbes durch Subventionen und Dumping sollen bekämpft werden (FDP). Das europäische Wettbewerbs- (CDU/CSU) und Beihilferecht (CDU/CSU, Grüne) sollen reformiert werden Die europäischen Anti-Dumping- und Anti-Subventions-Instrumente sowie der EU-Prüfmechanismus für ausländische Direkt­investitionen sollen weiterentwickelt werden und ein neues EU-Instrument gegen wirtschaftlichen Zwang, das der EU helfen soll, sich gegen rechtswidrigen ökonomischen Druck von außen zu wehren, soll eingeführt werden (Grüne).

China als wirtschaftlicher Konkurrent

Angesichts der zunehmenden Konkurrenz vor allem aus China betonen insbesondere CDU/CSU, SPD und Grüne die Notwendigkeit, die globale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu stärken und die (technologische) Souveränität Europas in „allen systemrelevanten Wirtschaftsbereichen“ (CDU/CSU) zu sichern. Sie setzen dabei auf eine gezielte staatliche Förderung ausgewählter Industriezweige und wichtiger Schlüsseltechnologien im Rahmen einer „modernen“ (CDU/CSU) bzw. „weitsichtigen“ (Grüne) europäischen Industriepolitik. Einige der konkreten Forderungen – innerhalb Europas geschlossene Wertschöpfungsketten in systemrelevanten Wirtschaftsbereichen (CDU/CSU), Vorgabe wirtschaftlicher Entwicklungsziele durch die Politik (SPD, Grüne), Staat als Innovationstreiber und strategischer Investor (SPD), oder eine Investitionsoffensive mit deutlich erhöhten öffentlichen Investitionen und staatlichen Anreizen für private Investitionen (SPD, Grüne) – erinnern dabei paradoxerweise an zentrale Elemente der chinesischen Industriepolitik. Im Gegensatz dazu will die FDP die regelbasierte europäische Wettbewerbsordnung – auch in ihrem internationalen Vorbildcharakter – stärken. Sie spricht sich dazu für eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen insbesondere für junge und mittelständische Unternehmen (vor allem im Bereich der Digitalwirtschaft) aus und wendet sich gegen Wettbewerbsbeschränkungen und Protektionismus im europäischen Bin­nenmarkt sowie gegen eine politische Förderung von „nationalen Champions“.

Von zentraler Bedeutung für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und Souveränität der europäischen Wirtschaft sind der Ausbau und Schutz der kritischen Infrastrukturen, insbesondere der digitalen Infrastruktur, sowie ein verbesserter Schutz vor Cyberangriffen. Die Parteien fordern hierzu u.a. die gezielte Förderung der europäischen Forschung, Entwicklung und Produktion im Bereich der digitalen Technologien (SPD, CDU/CSU, Grüne) sowie die Verbesserung der technischen, rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen zur Abwehr und Verfolgung von Cyberangriffen. Grüne und FDP lehnen es in diesem Zusammenhang explizit ab, „nicht vertrauenswürdige Unternehmen, insbesondere aus autoritären Staaten“ (Grüne) bzw. „Unternehmen, die umfangreichen Einflussmöglichkeiten autoritärer Regime unterliegen“ (FDP) beim Ausbau kritischer Infrastrukturen wie dem 5G Netz zuzulassen. Der Bezug zu der – auch innerhalb der gegenwärtigen Regierungsparteien – umstrittenen Beteiligung des chinesischen Netzausrüsters Huawei am Ausbau der europäischen 5G-Nezte ist hier offensichtlich. Die aktuellen Regierungsparteien CDU/CSU und SPD treffen in ihren Wahlprogrammen hierzu keine Aussage.

China als systemische Rivale

Über den wirtschaftlichen Wettbewerb hinaus, stehen die EU und China auch in einem System- und Wertewettbewerb um Themen wie Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. CDU/CSU werfen China vor, „mit allen Mitteln“ die internationale Ordnung nach eigenen Vorstellungen prägen und verändern zu wollen, und andere Staaten zu beeinflussen und geostrategische Abhängigkeiten zu schaffen. Die FDP kritisiert Chinas aktive Einschüchterung seiner Nachbarn. Und die Grünen werfen China ein „autoritäres Hegemonialstreben“ vor, mit dem es andere Staaten in wirtschaftliche und politische Abhängigkeit zwinge und Europa spalten wolle. Während CDU/CSU darüber hinaus lediglich abstrakt von der Missachtung des Völkerrechts und Regelbrüche „durch bedeutende Staaten des internationalen Systems“ sprechen, kritisieren SPD, Grüne und FDP in ihren Wahlprogrammen eine Reihe konkreter Aktivitäten Chinas. Alle drei kritisieren gravierende Menschenrechtsverletzungen gegenüber ethnischen und religiösen Minderheiten innerhalb Chinas, einen wachsenden Druck auf Taiwan, sowie Chinas völkerrechtswidriges Vorgehen in Hongkong. Die FDP kritisiert darüber hinaus explizit die fehlende Rechtstaatlichkeit in China sowie eine beispiellose technische Überwachung der Bevölkerung. Mit Blick auf Deutschland kritisiert die FDP zudem die politische Einflussnahme der chinesischen Regierung auf die Arbeit der Konfuzius-Institute als mögliche Gefahr für die Freiheit von Forschung und Lehre an den deutschen Hochschulen.

Aus Sicht der Parteien sollte Europa im Systemwettbewerb mit China wieder enger mit den Vereinigten Staaten zusammen arbeiten; CDU/CSU, FDP und Grüne sprechen sich zudem explizit für eine engere Kooperation mit anderen demokratischen Staaten aus, die vergleichbare Wertvorstellungen teilen. Dabei soll insbesondere auch die Partnerschaft mit den Demokratien im indo-pazifischen Raum ausgebaut werden. Hinsichtlich der Frage wie eine solche Zusammenarbeit konkret aussehen sollte oder welche konkreten Maßnahmen Deutschland und Europa zur Verteidigung und Verbreitung seiner Wert­vorstellungen ergreifen sollten, enthalten die Wahlprogrammen der Parteien – abgesehen von den oben bereits genannten handels- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen sowie den Maßnahmen zum Schutz der europäischen kritischen Infrastruktur – nur wenige konkrete Aussagen.

Grüne, CDU/CSU und FDP fordern der für Chinas geostrategische Ambitionen zentralen Belt-and-Road-Initiative (BRI) eine europäische Antwort entgegenzustellen. Dabei sprechen sich die Grünen für die Unterstützung einer globalen EU-Konnektivitätsstrategie aus, um eine „gemeinsame Infrastrukturentwicklung nach qualitativ hohen internationalen Standards entsprechend den Bedürfnissen“ der Partnerländer zu realisieren. CDU/CSU wollen insbesondere die grenzüberschreitende infrastrukturelle Vernetzung mit den mittel- und osteuropäischen Nachbarländern deutlich ausbauen und dabei auch die militärische Mobilität verbessern. Die FDP fordert als gemeinsame europäische Antwort auf die BRI, eine schlagkräftigere europäische Entwicklungspolitik und die Schaffung einer Europäischen Entwicklungsbank, die den Fokus auf Demokratie, Marktwirtschaft und Rechtsstaat­lichkeit legen und die Mobilisierung von privatem Kapital steigern soll, „damit Entwicklungsländer nicht vom autokratischen Regime in Peking abhängig werden“.

Als Reaktion auf Menschenrechtsverletzungen und Brüche des Völkerrechts durch China unterstützt die FDP die zielgerichtete Verhängung von Sanktionen der EU gegen chinesische Offizielle, die für Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Region Xinjiang verantwortlich sind, und fordert zusätzlich personenbezogene Sanktionen auch gegen die für das chinesische Vorgehen in Hongkong verantwortlichen Personen. Im Programm der Grünen findet sich hierzu nur die eher vage Aussage, dass die Partei das Instrument der gezielten EU-Sanktionen gegen Verantwortliche für schwere Menschenrechtsverletzungen befürworte – ohne China hier konkret zu erwähnen. Die Wahlprogramme von CDU/CSU und SPD gehen auf das Thema Sanktionen gegenüber China nicht ein.

Fazit

Angesicht der gewachsenen weltweiten wirtschaftlichen und politischen Bedeutung Chinas und der zunehmenden Werte- und Interessenkonflikte zwischen der Europäischen Union und China enthalten die Wahlprogramme von CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne jeweils ein oder mehrere Absätze, die sich explizit dem (angestrebten) Verhältnis zu China widmen. Zudem enthalten die Programme zahlreiche Aussagen und Forderungen, die maßgeblich vom Verhältnis zu China beeinflusst sind und/oder dieses maßgeblich beeinflussen können, oftmals ohne dass China explizit als Grund oder Adressat dieser Forderungen genannt wird. Die Parteien äußern sich dabei überwiegend kritisch gegenüber China – kritisiert werden Chinas geostrategisches Machtstreben, Menschen- und Völkerrechtsverletzungen und unfaire Handels- und Wettbewerbspraktiken. Zugleich betonen die Parteien, dass China angesichts seiner wirtschaftlichen und politischen Bedeutung in zentralen Zukunftsfragen auch weiterhin ein wichtiger Kooperations- und Verhandlungspartner für Deutschland und Europa sein werde.

Die Wahlprogramme der derzeitigen Oppositionsparteien FDP und Grüne sind dabei in ihren Aussagen zu China insgesamt ausführlicher und vielfach konkreter und auch kritischer als die der derzeitigen Regierungsparteien CDU/CSU und SPD. In Bezug auf einige aktuelle Konflikte positionieren sich FDP und Grüne explizit chinakritisch, während CDU/CSU und SPD in ihren Wahlprogrammen hierzu keine Stellung beziehen. Dies gilt etwa in Bezug auf die Ratifizierung des EU-China Investitionsabkommens (CAI), die Beteiligung chinesischer Unternehmen am Aufbau der europäischen 5G-Netze oder personenbezogene Sanktionen gegen für schwere Menschen- oder Völkerrechtsverletzungen verantwortliche chinesische Offizielle. Dies könnte darauf hindeuten, dass die nächste Bunderegierung im Falle einer Regierungsbeteiligung der FDP und/oder der Grünen eine insgesamt chinakritischere Politik einschlagen könnte. Dies gilt umso mehr, als das Schweigen der Parteiprogramme von CDU/CSU und SPD zu einigen dieser Fragen nicht notwendig als geschlossene Unterstützung dieser Parteien für eine Fortsetzung der pragmatischen, interessenorientierten China-Politik der bisherigen Bundesregierung unter Angela Merkel interpretiert werden muss. Umgekehrt bleibt abzuwarten, ob nicht auch Grüne und FDP im Falle einer Regierungsbeteiligung eine stärker interessen- und kompromissorientierte Politik gegenüber China mittragen würden.


Coverfoto: © European Union

In der Reihe Kiel Focus veröffentlicht das Institut für Weltwirtschaft Essays zu aktuellen wirtschaftspolitischen Themen für deren Inhalte die Autorinnen und Autoren alleine verantwortlich zeichnen. Die in den Essays abgeleiteten wirtschaftspolitischen Empfehlungen spiegeln nicht notwendigerweise die Empfehlungen des Instituts für Weltwirtschaft wider.

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