Wirtschaftspolitischer Beitrag

US-Wahl und Klimapolitik: Schadensbegrenzung nach vier Jahren Trump

Autor

  • Sonja Peterson
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Die anstehende Wahl zum US-Präsidenten ist für die internationale Klimapolitik von immenser Bedeutung. Noch ist der Schaden durch die Trump-Administration auch dank des föderalen Systems und der „Climate Alliance“ der Bundesstaaten überschaubar. Wenn noch Hoffnung auf die Ziele des Pariser Abkommens bestehen soll, darf allerdings nur einer gewinnen.

Experte IfW Kiel

Waldbrände in Kalifornien und Colorado, zerstörerische Hurricanes an den US-Küsten – der Klimawandel wird in den USA immer deutlicher sichtbar. Trotzdem hat Donald Trump in den vergangenen vier Jahren die Fakten ignoriert, für die angestrebte Energieunabhängigkeit die fossilen Energieträger Kohle, Öl und Gas massiv gefördert und den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen beschlossen. Dass die Treibhausgasemissionen trotz Trump nicht wesentlich gestiegen sind, geht vor allem auf das Konto des Föderalismus: Die Klimapolitik der willigen Bundesstaaten mit der Unterstützung durch Städte und Unternehmen stoppt den Anstieg der US-Emissionen. Trotzdem geht es bei der anstehenden Wahl des US-Präsidenten auch um die Frage, welche Weichen die USA in der (Bundes)-Klimapolitik stellen wird – eine Frage von immenser globaler Bedeutung, auf die es mit Blick auf die Fakten nur eine Antwort geben darf, wenn der internationale Klimakonsens von Paris die Richtschnur ist.

Ohne die USA kein Erreichen der klimapolitischen Ziele von Paris

Die USA sind nach China weltweit der zweitgrößte Emittent von Treibhausgasen und derzeit jährlich für ca. 15 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich. Um die Ziele des Klimaabkommens von Paris zu erreichen und die globale Erwärmung gegenüber der vorindustriellen Zeit auf maximal 2°C zu begrenzen, ist es notwendig, im Laufe des Jahrhunderts treibhausgasneutral zu werden. Das geht nicht ohne die USA.

Ausgangslage – ernst, aber trotz Trump nicht hoffnungslos

Wie ist die Ausgangslage? Die Trump-Regierung ist formal aus dem Abkommen von Paris ausgetreten. Dies wird aufgrund der vorgesehenen Fristen kurz nach den Wahlen wirksam. Trump selber hat sich an verschiedenen Stellen skeptisch gegenüber dem menschgemachten Klimawandel geäußert und insbesondere die für die USA unakzeptabel hohen Kosten des Abkommens hervorgehoben. In ihrer Energiepolitik hat die Trump-Regierung mit Blick auf Energieunabhängigkeit vor allem die heimische Kohleindustrie und das Fracking unterstützt. So wurde der Bann der Kohleproduktion auf öffentlichem Land aufgehoben und dieses für das Fracking geöffnet. Die Exporte von Öl und Flüssiggas wurden gefördert, indem etwa eine Pipeline für den Transport von Öl und Ölsanden aus Kanada genehmigt wurde sowie der Bau von Flüssiggasterminals. Gleichzeitig wurden bestehende Regulierungen auf Bundesebene zurückgenommen (etwa der Clean-Power-Plan der Obama-Regierung) und der Bundesumweltbehörde (EPA) untersagt, CO2-Emissionen zu regulieren. Einer CO2-Bepreisung wurde eine explizite Absage erteilt.

Dass die Treibhausgasemissionen dennoch in der Amtszeit von Trump bereits vor Ausbruch der Corona-Pandemie nicht wesentlich gestiegen sind, bei insgesamt unklarem Trend, liegt an technologischen Entwicklungen, globalen Markttrends und auch dem klimapolitischen Engagement der US-Bundesstaaten.

Die Energieintensität in den USA sank in den vergangenen Jahren mit vergleichbarer Rate wie in der EU, wenn sie auch nach wie vor deutlich höher ist. Erneuerbarer Strom wird – so wie weltweit auch – in den USA zunehmend wettbewerbsfähig. Der Anteil erneuerbaren Stroms ist in Trumps Amtszeit von 13 Prozent in 2015 auf 17 Prozent in 2018 gestiegen. Gleichzeitig haben sich 23 Bundesstaaten in der US Climate Alliance zusammengeschlossen, und auch einzelne Städte und US-Unternehmen haben sich zu Emissionsreduktionen bekannt. Allein die Staaten der Climate Alliance repräsentieren rund 55 Prozent der US-Bevölkerung und sind für gut 40 Prozent der energiebedingten CO2-Emissionen verantwortlich. Kommen dann noch zusätzliche Städte und Unternehmen dazu, repräsentieren diese Akteure laut „American Pledge“(diese Initiative hat zum Ziel, die Aktivitäten von US-Bundesstaaten, Städten, Unternehmen und anderen nicht-nationalen Akteuren zur Reduzierung ihrer Treibhausgasemissionen im Einklang mit den Zielen des Pariser Abkommens zusammenzufassen und zu quantifizieren) zusammen sogar 70 Prozent des US-GDPs, 65 Prozent der US-Bevölkerung und mehr als 50 Prozent der US-Emissionen. Die Mitglieder der Climate Alliance etwa haben in ihren Bundesstaaten zahlreiche klimapolitische Maßnahmen implementiert, allen voran Kalifornien, das bereits 2006 ein Klimagesetz verabschiedet hat, ein eigenes Emissionshandelssystem besitzt, ebenso wie Emissionsgrenzen für Fahrzeuge und eine Quote für den Anteil erneuerbarer Energien. Insgesamt verfügt etwa die Hälfte aller US-Bundessstaaten neben Standards im Energie-, Umwelt- und Verkehrsbereich über eigene Reduktionsziele, und etwa 80 Prozent schreiben eine bestimmte Menge an erneuerbaren Energien im Energiemix vor. Eine Analyse von „American Pledge“ noch vor der Corona-Pandemie zeigt, dass die US-Emissionen bei aktuellen Maßnahmen bis 2025 immerhin um 19 Prozent gegenüber 2005 sinken würden und bis 2030 um 25 Prozent. In ihrem neuesten Corona-Update kommt die Initiative auf mögliche 37 Prozent Reduktion in 2030 auch ohne bundesstaatliche Politik.

Gleichzeitig wird der Klimawandel in den USA immer sichtbarer – durch eine zunehmende Anzahl an starken Hurricanes und vor allem durch zunehmende Waldbrände wie vor einigen Wochen in Kalifornien und jetzt in Colorado. Auch wenn es 2019 in den USA keine so starke Klimabewegung wie in Europa gegeben hat, war der Klimawandel auch in den USA vor der Corona-Pandemie eines der großen Themen.

Die Positionen der Wahlkämpfer

Was versprechen die Kandidaten in Bezug auf Klimapolitik? In Trumps Wahlprogramm gibt es quasi keine Aussagen zur Klimapolitik. In der jüngsten Präsidentschaftsdebatte betonte Trump erneut, dass die Kosten des Pariser Abkommens für die USA zu hoch wären und dass das Abkommen unfair ist und wie wichtig die Energieunabhängigkeit durch Gas ist. Sein Vizepräsident Pence zählte lange zu den Leugnern des menschgemachten Klimawandels und antwortet in seiner TV-Debatte mit seiner demokratischen Konkurrentin Harris nur ausweichend auf die Frage nach der Gefahr durch den Klimawandel. Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Linie einer zweiten Trump-Regierung die alte bleiben würde: keine bundesstaatliche Klimapolitik und tendenziell die Rücknahme von bestehenden Maßnahmen sowie die Unterstützung fossiler Energie.

Trumps demokratischer Konkurrent Biden hat bereits als Senator 1987 im Senat die Erste Klimaschutzgesetzgebung unterstützt, und seine angekündigte Klimapolitik geht weit über die Obamas hinaus. So sollen die USA bis spätestens 2050 treibhausgasneutral werden, und der Stromsektor soll bereits 2035 CO2-frei sein. Um dies zu erreichen, will er Forschung, Entwicklung und Innovationen in saubere Energie fördern und in den nächsten 10 Jahren 1,7 Billionen USD Bundesmittel bereitstellen. Alle Infrastrukturinvestitionen im Transport, Gebäude- und Stromsektor sollen mit Rücksicht auf Emissionsreduzierung und Resilienz gegen den Klimawandel getätigt werden. Weitere Einzelmaßnahmen sind im Wahlprogramm aufgezählt. Für eine CO2-Bepreisung hat er sich bislang nicht ausgesprochen, spricht nur von einem „Umsetzungsmechanismus“. Seine designierte Vizepräsidentin Harris sieht den Klimawandel ebenfalls als existenzielles Problem an und unterstützt die Pläne Bidens.

Die Qual der Wahl

Wenn Trump wiedergewählt werden sollte, so ist weiterhin nicht damit zu rechnen, dass die USA klimapolitisch die Maßnahmen ergreifen werden, die die Ziele des Abkommens von Paris erreichbar machen. Zwar werden weiterhin globale Trends auch in den USA wirken, so dass durch diese sowie die bundesstaatlichen Maßnahmen eine Stagnation oder leichtes Sinken der US-Emissionen zu erwarten ist, aber dies wird die Welt nicht in die Reichweite der Ziele von Paris bringen. Wenn man annimmt, dass die Emissionen auf dem Niveau von 2018 bleiben, dann werden die USA in den nächsten vier Jahren bereits ca. 5,7 Prozent des globalen Budgets verbrauchen, um das 1,5°C-Ziel mit mehr als 50 Prozent Wahrscheinlichkeit zu erreichen.  Mit Blick auf das 2°C-Ziel wären es ca. 2,1 Prozent des globalen Budgets. 

Biden hat für die USA angemessene und ambitionierte Ziele (Treibhausgasneutralität bis 2050), vergleichbar mit denen im EU-Green-Deal, gesetzt und möchte die Weichenstellungen initiieren, die für die Ziele von Paris notwendig sind. Er wird sich nach seiner Wahl daran messen lassen müssen, ob er seine Ziele umsetzt. Wünschenswert wäre, dass er dabei auch auf zentral von prominenten US-Ökonom*innen nachdrücklich geforderte Bepreisung von Treibhausgasen setzt. Dies ist in den USA, die staatlicher Regulierung generell kritisch gegenüberstehen, allerdings seit langem politisch ein kontroverses Thema.

Definitiv nicht zur Wahl steht, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse in Bezug auf den Klimawandel eindeutig sind: Ohne starke globale Emissionsreduktionen wird der jetzt schon sichtbare Klimawandel voranschreiten und zu erheblichen Schäden führen, die auch die USA jetzt bereits spüren. Nur einer der Kandidaten will dafür sorgen, dass die USA ihren notwendigen Beitrag leisten, um global im Laufe des Jahrhunderts treibhausgasneutral zu werden. Um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen und damit die Folgen des Klimawandels auf der ganzen Welt zu begrenzen, hat das amerikanische Volk nur eine Wahl.


Coverfoto: © picture alliance/AP Photo, Evan Vucci

In der Reihe Kiel Focus veröffentlicht das Institut für Weltwirtschaft Essays zu aktuellen wirtschaftspolitischen Themen für deren Inhalte die Autorinnen und Autoren alleine verantwortlich zeichnen. Die in den Essays abgeleiteten wirtschaftspolitischen Empfehlungen spiegeln nicht notwendigerweise die Empfehlungen des Instituts für Weltwirtschaft wider.

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  • Klimapolitik
  • Pariser Klimabakommen