Das EEG ist nicht das Problem, sondern Teil der Lösung

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  • Sonja Peterson
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Die EEG-Umlage steigt erneut auf nunmehr 6,3 Cent – und damit droht den Verbrauchern eine weitere Strompreiserhöhung. Kritik am Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist deshalb gerade wieder en vogue: Zunehmende soziale Härten machen die Kritiker angesichts von erwarteten jährlichen Mehrbelastungen von 40 bis 80 Euro aus.

Experte IfW Kiel

Die EEG-Umlage steigt erneut auf nunmehr 6,3 Cent – und damit droht den Verbrauchern eine weitere Strompreiserhöhung. Kritik am Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist deshalb gerade wieder en vogue: Zunehmende soziale Härten machen die Kritiker angesichts von erwarteten jährlichen Mehrbelastungen von 40 bis 80 Euro aus. Außerdem sei das EEG ineffizient, weil die erneuerbaren Energien überfördert und echte Emissionseinsparungen aufgrund des Emissionshandelssystems nicht erreicht würden. So lauten die gängigen Argumente – und sie sind nicht ganz falsch. Doch gerade deshalb forcieren sie vorschnellen Aktionismus, etwa in Form der Rücknahme gemachter Zusagen. Das Problem ist, dass diese Sichtweise zu stark allein auf das EEG fokussiert. Eine Reform des EEG ist zwar durchaus sinnvoll, aber sie muss begleitet werden von anderen klima- und sozialpolitischen Maßnahmen.

Die Verbraucher müssen seit Jahren steigende Strompreise hinnehmen: Um durchschnittlich 4,5 Prozent pro Jahr sind die Preise seit dem Jahr 2000 angestiegen, besonders stark im vergangenen Jahr. Das EEG ist dafür nicht alleine verantwortlich: Die Netzentgelte, Brennstoffkosten und nicht zuletzt auch die Margen der Energiekonzerne sind ebenso gestiegen. Auch die Preise für andere Energieträger wie Gas, Heizöl oder Benzin sind in vergleichbarem Umfang gestiegen. Und das ist auch gut so, zumindest aus klimapolitischer Sicht: Höhere Energiepreise bieten einen wichtigen Anreiz für Energieeinsparungen. Die Zeit billiger Energie geht aus gutem Grund zu Ende.

Doch dass höhere Energiepreise sinnvoll sind, heißt nicht, deshalb die Augen vor den damit verbundenen sozialen Härten zu verschließen. Das gilt vor allem global gesehen: Während wir in Deutschland eine Debatte um wenige Euro haben, stellt sich die Klimapolitik weltweit zunehmend als schwieriges sozialpolitisches Problem dar. Riesige Subventionen – der Internationale Währungsfond spricht von mindestens 480 Mrd. Dollar pro Jahr – für fossile Energieträger sichern den Menschen in Entwicklungsländern bislang einen preisgünstigen Zugang zu Energie. In Bezug auf die Sozialverträglichkeit des EEG basiert das prominente Anprangern von sozialen Problemen aufgrund gestiegener Strompreise kaum auf belastbaren Zahlen. Die Vermutung liegt nahe, dass hier gezielt die Energiewende diskreditiert werden soll. Deshalb ist zunächst eine genaue Analyse notwendig, um die populistischen von den ernstzunehmenden Argumenten zu trennen. Wichtig ist: Es muss sichergestellt werden, dass alle Bürgerinnen und Bürger Energie in ausreichendem Maß beziehen können, ohne dass dabei der Anreiz zum Energiesparen verloren geht.

Es müssen allerdings auch die Kosten gerechter verteilt werden. Aktuell sind viele Unternehmen von der EEG-Umlage befreit. Aus industrie- und wettbewerbspolitischer Sicht ist es sicherlich nicht sinnvoll, alle Ausnahmen vollständig abzuschaffen. Allerdings gehören diese durchforstet und teilweise abgebaut – einerseits, um auch hier einen Anreiz zum Energiesparen zu setzen, andererseits aber auch, um dadurch die EEG-Umlage für die Verbraucher senken zu können.

Aus klimapolitischer Sicht gibt es gute Gründe für das EEG: Es geht darum, die erneuerbaren Energien zu fördern und Lerneffekte anzustoßen, die diese Technologien mittel- bis langfristig wettbewerbsfähig machen. Dabei muss gewährleistet werden, dass in einem Umfang in die Technologien investiert wird, der Kostenreduktionen möglich macht. Hier wurden unbestreitbar große Fortschritte erzielt. Sinnvoll ist in diesem Zusammenhang auch die Anpassung der EEG-Förderung an den erzielten technischen Fortschritt, damit je Euro Förderung die größten Effekte erzielt werden. Hier wurden vor allem in der Vergangenheit erkennbar Fehler gemacht und etwa die Sätze zur Förderung von Solarstrom zu spät gesenkt. Solarenergie hat sich genau wie die Onshore-Windkraft mittlerweile zu einer Standardtechnologie entwickelt, für die das Argument der Lerneffekte an Bedeutung verloren hat. Die Fördersätze noch weiter abzusenken, ist daher gerechtfertigt. Auf die derzeitige Höhe der EEG-Umlage hätte dies allerdings kaum Einfluss, da diese zum überwiegenden Teil durch Zusagen aus der Vergangenheit bestimmt wird. Diese im Nachhinein zurückzunehmen wäre ein fatales Signal für die Investitionssicherheit in Deutschland und auch unter rechtlichen Gesichtspunkten sehr fragwürdig.

Der Anstieg der EEG-Umlage geht nicht zuletzt auch auf die extrem niedrigen CO2-Preise im Europäischen Emissionshandelssystem zurück. Diese stehen in keinster Weise in Einklang mit anspruchsvollen Klimazielen, wie sie etwa in der EU-Roadmap verankert sind. Ohnehin lässt sich die parallele Existenz von Emissionshandel und EEG nur schwer rechtfertigen. Vielmehr sollten die für die Erreichung der Klimaziele notwendigen Emissionsgrenzen im Emissionshandelssystem umgesetzt werden. Dann wäre das EEG weitgehend überflüssig, weil Chancengleichheit für alle Energieträger bestünde. Die dabei entstehenden CO2-Preise würden ausreichen, um diejenigen erneuerbaren Energien wettbewerbsfähig zu machen, die auch tatsächlich Teil einer Klimaschutzstrategie sein sollten, und nicht diejenigen, die sowieso zu hohe Kosten haben. Ein Orientierungspunkt für einen den Klimazielen der EU und der Bundesregierung angemessenen CO2-Preis wären etwa 20 Euro/tCO2. Die erneuerbaren Energien erhielten dann einen Preisvorteil von etwa 2 Cent/kWh. Im Vergleich dazu beträgt die aktuelle EEG-Grundvergütung für Onshore-Windkraft derzeit etwa 5 Cent/kWh und für Solaranlagen je nach Größe und Standort 10–15 Cent/kWh. Dies zeigt auch die Größenordnung, in der Fördersätze sinken können und sollten, bis erreicht ist, dass die Förderung der erneuerbaren Energien über den Emissionshandel und nicht durch das EEG erfolgt. Es gibt für die heute wichtigsten erneuerbaren Technologien Windenergie und Photovoltaik keinen Grund mehr über einen angemessenen CO2-Preis hinaus zusätzliche finanzielle Anreize zu setzen.

Auch wenn das EEG fortlaufend reformbedürftig ist: Die Kritik daran greift zu kurz. Aus klimapolitischer Sicht muss parallel vor allem das Emissionshandelssystem reformiert werden, damit mittel- bis langfristig das EEG weitgehend überflüssig werden kann. Höhere Energiepreise sind aber nicht das Problem, sondern Teil der Lösung – für eine erfolgreiche Klimapolitik sind sie unabdingbar. Soziale Härten müssen durch entsprechende sozialpolitische Maßnahmen gemildert werden. Deshalb auf einen sparsamen Umgang mit Energie zu verzichten, kann jedenfalls nicht die Lösung sein.

(Längere Fassung eines Gastbeitrags auf Zeit Online vom 15. Januar 2014 unter dem Titel „Warum höhere Strompreise sinnvoll sind“.)

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