Solarförderung: Nicht kürzen, sondern streichen

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Autor

  • Henning Klodt
Erscheinungsdatum

Die am 29. März 2012 vom Bundestag beschlossene Kürzung der Solarförderung um 20 bis knapp 30 Prozent hat für große Aufregung gesorgt. Die Kritiker befürchten, dass damit die Solarbranche in Deutschland, die in den letzten Jahren so hoffnungsvoll aufgeblüht war, endgültig am Ende sei. Sie hoffen jetzt darauf, das Gesetz möge am 11. Mai im Bundesrat noch scheitern. Dabei sollte die Solarförderung nicht nur gekürzt, sondern besser gleich ganz gestrichen werden. Denn sie ist ökologisch wirkungslos und ökonomisch unsinnig.

Die am 29. März 2012 vom Bundestag beschlossene Kürzung der Solarförderung um 20 bis knapp 30 Prozent hat für große Aufregung gesorgt. Die Kritiker befürchten, dass damit die Solarbranche in Deutschland, die in den letzten Jahren so hoffnungsvoll aufgeblüht war, endgültig am Ende sei. Sie hoffen jetzt darauf, das Gesetz möge am 11. Mai im Bundesrat noch scheitern. Dabei sollte die Solarförderung nicht nur gekürzt, sondern besser gleich ganz gestrichen werden. Denn sie ist ökologisch wirkungslos und ökonomisch unsinnig.

Die ökologische Dimension: Die Betreiber öffentlicher Netze sind nach dem Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) verpflichtet, allen Strom, der aus erneuerbaren Energien nach dem EEG gewonnen wird, abzunehmen, und zwar zu gesetzlich festgelegten Einspeisevergütungen. Diese werden auf die Versorgungsunternehmen überwälzt, welche das Recht haben, die Mehrkosten an die Endverbraucher weiterzugeben. Damit sollen die CO2-Emissionen der Stromerzeugung insgesamt reduziert werden.

Da die Emissionen der Energiewirtschaft jedoch gemeinsam mit den Emissionen wichtiger Industriezweige über das europäische Emissionshandelssystem (ETS) reguliert werden, führt ein Ausbau des Ökostroms über die festgelegten Einspeisevergütungen zu keiner Reduzierung des CO2-Ausstoßes insgesamt, sondern nur zu einer Verlagerung in andere Bereiche, die die in der Stromerzeugung nicht mehr benötigten Zertifikate nutzen können. Zwar wird mit der Inbetriebnahme einer Solaranlage nicht unmittelbar ein CO2-Zertifikat für andere Emittenten frei, denn zertifikatspflichtig sind in der Stromerzeugung nur größere Anlagen mit einer Jahresproduktion von mehr als 20 MWh. Soweit der Solarstrom aber Strom aus konventionellen Kraftwerken ersetzt (und das ist ja der Sinn), stehen deren Zertifikate für andere Nutzer zur Verfügung.

Analoges gilt für die Stromerzeugung aus Windkraft und anderen regenerierbaren Energiequellen, die ebenfalls nach dem EEG gefördert werden. Wenn für den Klimaschutz wirklich etwas erreicht werden soll, dann muss bei der Menge der Zertifikate insgesamt angesetzt werden und nicht bei den Emissionen eines einzelnen Wirtschaftszweigs.

Die ökonomische Dimension: Insbesondere von der Solarindustrie, aber auch von der Bundesregierung wird argumentiert, mit der Solarstromförderung könne der deutschen Industrie langfristig ein strategischer Wettbewerbsvorteil verschafft werden, der über die daraus entstehenden Exporterfolge die Fördersubventionen mühelos wieder einspielen würde. Tatsächlich hat die Solarenergie in Deutschland ein weitaus größeres Gewicht als in anderen Ländern. Obwohl nicht von der Sonne verwöhnt, befinden sich auf deutschen Dächern mehr als fünfzig Prozent aller weltweit installierten Solaranlagen.

Dieser Teil der industriepolitischen Strategie – die Schaffung einer starken inländischen Marktbasis – ist also aufgegangen. Schlecht ins Bild der strategischen Vorteile passen allerdings die Klagen der deutschen Solarindustrie, nach denen man bei einem Wegfall der Staatsförderung völlig hilflos der übermächtigen Konkurrenz aus China ausgeliefert sei. Schon heute fassen chinesische Hersteller von Solaranlagen, die die nötige Technik offenbar mühelos beherrschen, auch auf dem deutschen Markt immer stärker Fuß, da sie weitaus kostengünstiger produzieren als deutsche Hersteller. Die immerhin schon seit zehn Jahren anhaltende Förderung hat den deutschen Anbietern also keine nachhaltigen Technologievorsprünge verschafft.

Hinzu kommt die Differenzierung der Einspeisevergütungen nach Technologien und Standorten. Neben der Solarenergie (Photovoltaik) werden unter dem EEG die Wasserkraft, die Windenergie, die Geothermie und die Energie aus Biomasse gefördert. Dabei fällt die von den Stromverbrauchern zu tragende Einspeisevergütung umso höher aus, je größer der Abstand der Energieerzeugungskosten von den Kosten konventioneller Energieträger ausfällt. Deshalb wird beispielsweise der Windstrom, der in Deutschland erheblich rentabler erzeugt werden kann als Solarstrom, vergleichsweise wenig gefördert. Auf ihn entfallen gegenwärtig etwa 14 Prozent der EEG-Umlage, obwohl er 40 Prozent zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien beiträgt. 52 Prozent der Mittel aus der EEG-Umlage fließen dagegen in Solaranlagen, die aber nur 15 Prozent des regenerativen Stroms in Deutschland erzeugen. Die Idee des Gesetzgebers ist wohl, jene Technologien am stärksten zu unterstützen, die am weitesten von der Marktreife entfernt sind. Die Gleichsetzung des vermuteten technologischen Entwicklungspotenzials mit den tatsächlichen Kostennachteilen dürfte aber mit großer Wahrscheinlichkeit zu dem absurden Ergebnis führen, dass gerade jene Technologien besonders intensiv gefördert werden, die auch auf Dauer gesehen besonders ineffizient sind. Der technologische Wandel wird damit gezielt in die falsche Richtung getrieben.

Eine ökologisch effektive und ökonomisch effiziente Klimapolitik sollte sich darauf konzentrieren, die gesamtwirtschaftlichen Kosten der CO2-Emission den Verursachern anzulasten – sei es über ein Zertifikatssystem wie beim europäischen Emissionshandel, sei es über eine äquivalente CO2-Steuer. In jedem Fall sollte sich aber der Staat aus der Wahl förderungswürdiger und weniger förderungswürdiger Technologien heraushalten. Wenn die Rahmenbedingungen hinreichende Anreize zur CO2-Einsparung setzen, kann die Wahl der dazu geeigneten Technologien getrost den Unternehmen überlassen werden. Deshalb gehen die geplanten Kürzungen der Einspeisevergütungen des EEG nicht zu weit, sondern viel zu kurz.

(Erstmals erschienen am 5. Mai 2012 im Blog „Wirtschaftliche Freiheit“ wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/).