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Militärhilfe für die Ukraine: Stopp kostet Deutschland viel mehr als Fortführung
„Allein aus ökonomischer Perspektive, wenn wir politische und humanitäre Gründe außen vor lassen, ist es in Deutschlands Interesse, mehr Militärhilfe für die Ukraine zu leisten, weil es letzten Endes die günstigere Alternative für uns ist“, sagt Johannes Binder, Wissenschaftler am IfW Kiel und Koautor des Kiel Policy Briefs „Was es kostet, die Ukraine nicht zu unterstützen“. Die Autoren der Studie widersprechen damit den Stimmen, die in den vergangenen Wochen immer lauter eine Reduzierung oder gar Einstellung der militärischen Unterstützung für die Ukraine forderten.
„Wir schätzen, dass die Kosten für Deutschland im Fall eines russischen Sieges ungefähr um den Faktor 10 höher wären als das, was wir aktuell an Militärhilfe leisten“, sagt Moritz Schularick, Präsident des IfW Kiel und Koautor der Studie.
Aktuelle wirtschaftliche Belastung durch militärische Unterstützung gering
Entgegen anderer Behauptungen ist die militärische Unterstützung Deutschlands für die Ukraine seit 2022 aus makroökonomischer Sicht gering. Seit dem russischen Überfall hat die Bundesrepublik insgesamt 10,6 Milliarden Euro an Militärhilfe bereitgestellt, im Durchschnitt etwa 4 Milliarden pro Jahr, oder 0,1 Prozent des BIP. Zum Vergleich: Während des Ersten Golfkriegs 1991 zahlte Deutschland in einem einzigen Jahr etwa 0,6 Prozent des damaligen BIP, was einem heutigen Wert von 25,5 Milliarden Euro entspricht.
Hohe Kosten eines russischen Sieges
Laut der Studie sind es vor allem drei Gründe, die für hohe zusätzliche Kosten bei einem Unterstützungsstopp und einem daraus resultierenden Sieg Russlands sorgen würden: Deutschland müsste einen Zustrom zusätzlicher Geflüchteter bewältigen und damit weitere Kosten für Wohnraum, Gesundheitsversorgung und Bildung stemmen. Zweitens müsste die Bundesrepublik ihre Beiträge zur Sicherheit Europas erheblich steigern. Und sie wäre drittens mit Kosten durch Handelsunterbrechungen und den Verlust von Direktinvestitionen in der Ukraine konfrontiert.
Dazu kommen indirekte Belastungen aus dem Wegfall der westlichen Abschreckung, was die Wahrscheinlichkeit künftiger Konflikte erhöht, und die Verluste durch entgangene Handels- und Wachstumsmöglichkeiten.
Der Weg zum Frieden
Die Autoren argumentieren zudem, dass aus ökonomischer Perspektive Moskau nur dann zur Aufnahme ernsthafter Friedensverhandlungen bewegt werden kann, wenn das Regime keine Aussicht auf einen militärischen Sieg hat und nicht mehr auf eine Erschöpfung der Ukraine oder ein Ende der westlichen Unterstützung spekulieren kann.
„Der beste Weg zum Frieden ist deshalb ein Mehr an Militärhilfe statt die bisherige in Frage zu stellen“, empfiehlt Binder. Wirtschaftlich wäre Europa in der Lage, seine Verteidigungsproduktion dauerhaft zu erhöhen und als echter geopolitischer Akteur aufzutreten. Ein Ende westlicher Unterstützung wäre hingegen eine Einladung an Russland, seinen Angriffskrieg fortzusetzen.
Die militärische Unterstützung Deutschlands für die Ukraine liegt im wirtschaftlichen und strategischen Eigeninteresse des Landes. Nur durch die Aufrechterhaltung einer glaubhaften Abschreckung und die Erhöhung der militärischen Hilfe kann Deutschland einen größeren Konflikt verhindern, die langfristige Sicherheit Europas gewährleisten und die Prinzipien des Völkerrechts verteidigen.