6. Forum Klimaökonomie
CO2 Bepreisung – Von der Theorie zur Praxis
Eindrücke aus dem Forum
„CO2-Bepreisung – Von der Theorie zur Praxis“ – so lautete das Thema, des 6. Klimaforums des Dialogs zur Klimaökonomie, das am 18. November 2019 in der Kalkscheune Berlin stattfand. Vor dem Hintergrund des Klimaschutzprogramms 2030 der Bundesregierung diskutierten über hundert eingeladene Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Forschung über den darin enthaltenen Vorschlag zur CO2-Bepreisung. In einem offenen, vertraulichen Austausch zwischen den teilnehmenden Personen mit ganz unterschiedlichem Hintergrund standen zwei Fragen besonders im Mittelpunkt: Welche Form der Bepreisung ist besser – CO2-Steuer oder Emissionshandel? Und wie kann diese sozialverträglich gestaltet werden?
In der Frage ob Steuer oder Emissionshandelssystem (EHS) hatte sich das Sondergutachten des Sachverständigenrates bewusst nicht auf eine Seite gestellt – aus dem Forum kamen hier aber insbesondere aus den Reihen von Politik und Verbänden deutliche Stimmen, die eine Steuer befürworteten, da sie im Gegensatz zu einem EHS Preisstabilität gewährleiste. Demgegenüber stand das Argument ein EHS ermögliche eine flexible Anpassung an fluktuierende Öl- und Gaspreise. Dem Argument eine Steuer sei einfacher einzuführen, wurde entgegnet, dass auch hier administrative Probleme auftreten, da eine Doppelbesteuerung von Unternehmen im EU-EHS zu vermeiden sei. Gleichzeitig wurde aber auch betont, dass die Einführung eines EHS eine langwierige Aufgabe sei, besonders wenn das angedachte nationale System in das EU-EHS eingegliedert werden soll.
Die Diskussion um die Sozialverträglichkeit befeuerte Ottmar Edenhofer (MCC & PIK) schon mit seinem Eröffnungsvortrag: Er zeigte, dass von den geplanten Förderprogrammen und Steuervergünstigungen im Klimapaket der Bundesregierung überwiegend wohlhabendere Haushalte profitieren und die proportional stärkere Belastung einkommensschwacher Haushalte durch einen CO2-Preis nicht ausgleichen. Dagegen ist eine Klimadividende – eine pauschale Pro-Kopf-Rückerstattung –, die einkommensschwache Haushalte am stärksten entlasten würde, im Klimapaket nicht enthalten.
In der anschließenden Diskussion allerdings, wurde die Einführung einer Klimadividende, wie es sie zum Beispiel in der Schweiz schon gibt, als eher schwierig eingeschätzt. Zum einen gebe es in der konkreten Ausgestaltung administrative Hürden, denn es müsse zunächst eine Art Auszahlungsagentur eingerichtet werden. Die in Deutschland schon bestehenden Einrichtungen, wie Finanzämter oder Sozialversicherungen, seien nicht oder nur eingeschränkt geeignet, weil entweder nicht die gesamte Bevölkerung erfasst ist oder es sich um unabhängige Körperschaften handelt. Zum anderen wird häufig davon ausgegangen, dass die explizite Rückerstattung einer CO2-Steuer ihre Akzeptanz in der Bevölkerung stärken und damit ihre politische Durchsetzbarkeit verbessern würde. Ortwin Renn (IASS), der gemeinsam mit Juliette de Grandpré (WWF), Joachim Hein (BDI), Christoph Kühleis (Deutsche Emissionshandelsstelle) und Sonja Peterson (IfW) die abschließende Podiumsdiskussion bestritt, stellte dieser Annahme Ergebnisse aus Befragungen der Öffentlichkeit gegenüber, die ergaben, dass die pauschale Rückerstattung – also auch an Wohlhabende – eher abgelehnt werde und viele Befragungsteilnehmende progressive Strom- und Wärmepreise als gerechter empfänden.
Breiter Konsens unter den Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmern bestand darüber, dass über das Klimapaket hinaus weitere Reformen notwendig seien, beispielsweise eine anreizkompatible Umstrukturierung der Energiebesteuerung.
Gleichzeitig wurde ebenfalls betont, dass in der Gesetzesvorlage wichtige Grundlagen gelegt wurden, die es möglich machen weitergehende Maßnahmen im Klimaschutz zu ergreifen. Viele Teilnehmende kritisierten, dass die Maßnahmen zu wenig ambitioniert, zum Teil noch nicht konkret ausgestaltet und nicht mit anderen Förderprogrammen abgestimmt seien; dies beeinträchtige die Lenkungswirkung und führe zu einer stärkeren Belastung mittlerer Einkommen im Vergleich zu Beziehern hoher Einkommen.
Einigkeit bestand darüber, dass die nationale und die europäische Klimapolitik eng verwoben sind und durch die anstehende Verschärfung der Ambitionen auf EU-Ebene auch die Anstrengungen auf nationaler Ebene in Zukunft weiter verstärkt werden müssen. Vertreterinnen und Vertreter der Industrie äußerten darüber hinaus Sorge über die fehlende Planungssicherheit für Bevölkerung und Unternehmen, da die konkrete Umsetzung vieler Punkte des Klimaschutzprogramms und die damit erzielte Wirkung noch unsicher seien.
Ob nun eine Steuer oder ein EHS und eine Reform der Energiesteuern oder die Einführung einer Klimadividende jeweils administrativ und politisch einfacher umsetzbar ist und ob sie die gewünschte Anreizwirkung – nämlich die Senkung des CO2-Ausstoßes – entfalten würden, blieb an diesem Abend offen. Deutlich wurde aber, wie hilfreich der Informationsaustausch und die Diskussion zwischen den vielfältigen gesellschaftlichen Akteuren ist, um der Komplexität und den Herausforderungen im Klimaschutz gerecht zu werden.